1 Im 3. Regierungsjahr Jojakims, des Königs von Juda, zog der babylonische König Nebukadnezar mit seinem Heer nach Jerusalem und belagerte die Stadt.
2 Der Herr ließ König Jojakim in seine Hände fallen, ebenso einen Teil der wertvollen Tempelgegenstände. Nebukadnezar brachte sie in sein Land und bewahrte sie in der Schatzkammer im Tempel seines Gottes auf.
3 Dann befahl er seinem obersten Hofbeamten Aschpenas: "Wähle einige junge Israeliten aus dem judäischen Königshaus und den vornehmen Familien aus!
4 Sie sollen gut aussehen und gesund sein. Außerdem müssen sie Weisheit und Bildung mitbringen und eine rasche Auffassungsgabe besitzen; dann sind sie zum Dienst an meinem Hof geeignet. Sie sollen unsere Sprache schreiben und sprechen lernen!
5 Gib ihnen jeden Tag Speise und Wein von der königlichen Tafel, sie sollen das gleiche essen und trinken wie ich. Nach dreijähriger Ausbildung können sie in meinen Dienst treten."
6 Unter den Judäern, die ausgesucht wurden, waren Daniel, Hananja, Mischaël und Asarja.
7 Der oberste Hofbeamte gab ihnen babylonische Namen: Daniel nannte er Beltschazar, Hananja Schadrach, Mischaël Meschach und Asarja Abed-Nego.
8 Daniel nahm sich fest vor, niemals von der Speise des Königs zu essen und von seinem Wein zu trinken; denn sonst hätte er das Gesetz Gottes mißachtet, das bestimmte Speisen für unrein erklärt.{3. Mose 11; 17,10-12} Darum bat er Aschpenas, auf die königlichen Speisen und den Wein verzichten zu dürfen.
9 Gott sorgte dafür, daß Aschpenas Daniel wohlgesinnt war und Verständnis für ihn zeigte.
10 Trotzdem hatte der Mann Bedenken: "Ich habe Angst vor meinem Herrn, dem König. Er hat festgelegt, was ihr essen und trinken sollt. Wenn er merkt, daß ihr nicht so gesund ausseht wie die anderen jungen Männer, läßt er mich köpfen!"
11 Da wandte sich Daniel an den Aufseher, den der oberste Hofbeamte über ihn und seine drei Freunde eingesetzt hatte:
12 "Versuch es doch zehn Tage lang, uns nur Gemüse und Wasser zu geben.
13 Danach vergleiche unserAussehen mit dem der anderen jungen Männer, die von der Tafel des Königs essen. Und dann entscheide, was du in Zukunft mit uns tun willst."
14 Der Aufseher willigte ein und erfüllte ihren Wunsch.
15 Nach zehn Tagen sahen Daniel und seine Freunde sogar gesünder und kräftiger aus als alle anderen, die von den königlichen Speisen bekamen.
16 Darum gab der Aufseher ihnen von nun an immer Gemüse, von der Tafel des Königs brauchten sie nichts zu nehmen.
17 Gott schenkte den vier jungen Männern außergewöhnliche Weisheit und Erkenntnis; schon bald waren sie mit dem gesamten Wissen Babyloniens vertraut. Daniel konnte außerdem Visionen und Träume deuten.
18 Nach Ablauf der drei Jahre befahl König Nebukadnezar, ihm alle jungen Israeliten vorzustellen. Der oberste Hofbeamte brachte sie zum König,
19 und dieser sprach mit ihnen. Dabei wurde ihm klar, daß Daniel, Hananja, Mischaël und Asarja alle anderen in den Schatten stellten. Von nun an waren sie seine Berater.
20 Immer wenn der König vor schwierigen Entscheidungen stand und auf ein sicheres Urteil angewiesen war, fragte er die vier Freunde um Rat. Denn er hatte erkannt, daß sie allen Wahrsagern und Geisterbeschwörern seines Landes weit überlegen waren.
21 Daniel blieb am Königshof bis zum 1. Regierungsjahr des Königs Kyrus.
1 In seinem 2. Regierungsjahr hatte König Nebukadnezar einen Traum, der ihm solche Sorgen machte, daß er nicht mehr einschlafen konnte.
2 Da ließ er seine Berater rufen, alle Wahrsager, Geisterbeschwörer, Zauberer und Sterndeuter, damit sie ihm seinen Traum erklärten. Als sie sich beim König versammelt hatten,
3 begann er: "Ich habe etwas geträumt, das mir sehr zu schaffen macht. Nun möchte ich wissen, was es damit auf sich hat."
4 Da antworteten die Sterndeuter auf aramäisch{Ab hier bis Kapitel 7,28 ist der biblische Text aramäisch überliefert.} : "Lang lebe der König! Erzähl uns, deinen ergebenen Dienern, den Traum, dann wollen wir ihn deuten!"
5 Aber der König entgegnete: "Nein, erzählt ihr mir, was ich geträumt habe, und erklärt es mir! Wenn ihr das nicht könnt, lasse ich euch in Stücke hauen und eure Häuser in Schutt und Asche legen. Niemand bringt mich davon ab.
6 Doch wenn ihr meinen Traum herausbekommt und ihn deuten könnt, beschenke ich euch reich und lasse euch große Ehre zuteil werden. Beschreibt ihn mir also, und erklärt ihn!"
7 Die Männer baten noch einmal: "Der König möge ihn uns beschreiben; dann werden wir bestimmt sagen können, welche Botschaft er enthält."
8 Da warf der König ihnen vor: "Ihr wollt euch doch nur herausreden und Zeit gewinnen, weil ihr wißt, daß ich meine Drohung wahr mache.
9 Wenn ihr mir nicht sagt, was ich geträumt habe, lasse ich euer Todesurteil vollstrecken. Ich durchschaue eure Pläne: Ihr wollt mir eine Traumdeutung vorsetzen, die nichts als Lug und Trug ist. So meint ihr, mich hinhalten zu können, bis mein Zorn sich gelegt hat{Wörtlich: bis die Zeit sich ändert.} . Doch ich bleibe dabei: Erzählt mir den Traum, denn so erkenne ich, daß ihr mir auch die Wahrheit sagt, wenn ihr ihn erklärt."
10 Die Sterndeuter antworteten: "Kein Mensch auf der ganzen Welt kann diesen Wunsch erfüllen. Noch nie hat ein König, und sei er noch so mächtig, so etwas von einem Wahrsager, Geisterbeschwörer oder Sterndeuter verlangt.
11 Was du uns da zumutest, ist für Menschen nicht möglich. Nur die Götter können dir, o König, deinen Traum offenbaren! Doch sie wohnen nicht bei uns sterblichen Menschen."
12 Da verlor Nebukadnezar die Beherrschung. Voller Zorn ordnete er an, sämtliche königlichen Berater hinzurichten.
13 Überall gab man den Befehl bekannt: "Alle Gelehrten sollen getötet werden!" Auch nach Daniel und seinen Freunden wurde gesucht.
14 Als Daniel davon erfuhr, wandte er sich an Arjoch, den Befehlshaber der königlichen Leibwache, der schon die Hinrichtungen vorbereitete. Er überlegte jedes Wort genau und fragte ruhig:
15 "Warum hat Nebukadnezar einen solch harten Befehl erteilt?" Arjoch erzählte ihm, wie es dazu gekommen war.
16 Sofort ging Daniel zum König und bat ihn: "Gib mir etwas Zeit, dann werde ich dir deinen Traum deuten."
17 Zu Hause erzählte er alles seinen Freunden Hananja, Mischaël und Asarja.
18 "Bittet den Gott des Himmels um Gnade", sagte er zu ihnen, "fleht zu ihm, daß er mir anvertraut, was sich hinter diesem Geheimnis verbirgt! Sonst werden wir zusammen mit den anderen Beratern des Königs umgebracht!"
19 In der Nacht hatte Daniel eine Vision und erfuhr, was der Traum bedeutete. Da pries er den Gott des Himmels:
20
21 Er ist der Herr der Zeitund bestimmt, was wann geschieht; r setzt Könige abund überläßt anderen ihren Thron. en Weisen schenkt er ihre Weisheitund den Verständigen ihren Verstand!
22 Er enthüllt die unergründlichsten Geheimnisseund weiß, was im Dunkeln verborgen ist, enn er selbst ist vom Licht umgeben.
23 Ja, ich lobe und preise dich, u Gott meiner Vorfahren! enn du hast mir Weisheit und Kraft geschenkt. u hast unsere Gebete erhörtund mir den Traum des Königs enthüllt!"
24 Nun ging Daniel zu Arjoch und bat ihn: "Laß die königlichen Berater nicht umbringen! Führ mich zu Nebukadnezar, denn ich kann ihm sagen, was er geträumt hat und was es bedeutet."
25 Arjoch brachte Daniel auf dem schnellsten Weg zum König und berichtete: "Ich habe unter den Verbannten aus Judäa einen Mann gefunden, der dem König seinen Traum erklären will!"
26 Nebukadnezar wandte sich an Daniel, der Beltschazar genannt wurde: "Kannst du mir denn wirklich sagen, was ich im Traum gesehen habe und was es bedeutet?"
27 "Mein König", erwiderte Daniel, "hinter dein Geheimnis kann keiner deiner Berater kommen, weder Geisterbeschwörer noch Wahrsager, noch Sterndeuter.
28 Aber es gibt einen Gott im Himmel, der das Verborgene ans Licht bringt. Dieser Gott hat dich, König Nebukadnezar, in die fernste Zukunft blicken lassen. Und jetzt sage ich dir, welche Vision du im Traum hattest:
29 Als du auf deinem Bett lagst, warst du in Gedanken versunken. Dich beschäftigte, was in der Zeit nach deiner Herrschaft kommen würde. Und der Gott, der Geheimnisse enthüllt, hat dich in die Zukunft schauen lassen.
30 Wenn ich dir nun den Traum erzählen kann, dann nicht, weil ich klüger wäre als andere Menschen. Nein, Gott hat es mir offenbart, damit du, mein König, eine Antwort auf das bekommst, was dich so beunruhigt.
31 In deiner Vision sahst du eine riesige Statue vor dir. Von ihr ging ein greller Glanz aus, und ihre ganze Erscheinung jagte dir Angst ein.
32 Der Kopf war aus reinem Gold, die Brust und die Arme waren aus Silber, Bauch und Hüften aus Bronze,
33 die Beine aus Eisen und die Füße teils aus Eisen, teils aus Ton.
34 Während du noch schautest, löste sich plötzlich ohne menschliches Zutun ein Stein von einem Berg. Er traf die Füße aus Eisen und Ton und zermalmte sie.
35 Die ganze Statue brach in sich zusammen; Ton, Eisen, Bronze, Silber und Gold zerfielen zu Staub, den der Wind wegblies wie die Spreu von einem Dreschplatz. Nichts war mehr davon zu sehen! Der Stein aber, der die Statue zertrümmert hatte, wuchs zu einem riesigen Berg und breitete sich über die ganze Erde aus.
36 Das war der Traum. Nun werde ich dir, mein König, erklären, was er bedeutet:
37 Du bist der mächtigste König, größer als alle anderen. Dir hat der Gott des Himmels die Herrschaft anvertraut und dir Macht, Stärke und Ruhm geschenkt.
38 Alle Menschen, ja, sogar die wilden Tiere und die Vögel hat er in deine Hand gegeben. Er hat dich dazu bestimmt, über sie alle zu regieren. Du bist der Kopf aus Gold.
39 Das Reich, das nach dir kommt, wird schwächer sein als deines. Das dritte, das bronzene, wird die ganze Welt beherrschen.
40 Das vierte ist hart wie Eisen. Es zerschlägt alle anderen Reiche, so wie hartes, schweres Eisen alles zermalmt.
41 Doch du hast gesehen, daß die Füße und Zehen der Statue teils aus Eisen, teils aus Ton waren. Dies bedeutet: Das Reich ist geteilt. Die eine Hälfte ist stark wie Eisen, die andere brüchig wie Ton.
42
43 Die Herrscher wollen ihre Familien durch Heiraten miteinander verbinden, doch ihr Bündnis hält nicht, genausowenig wie Eisen und Ton aneinander haften bleiben.
44 Noch während die Könige dieses Reiches an der Macht sind, wird der Gott des Himmels sein Reich aufbauen, das nie zugrunde geht. Kein anderes Volk kann ihm jemals die Herrschaft streitig machen. Ja, es bringt alle anderen Reiche zum Verschwinden und wird selbst für immer fortbestehen.
45 Das, mein König, war der Stein, der ohne menschliches Zutun vom Berg losbrach und die Statue aus Ton, Eisen, Bronze, Silber und Gold zertrümmerte. Ein mächtiger Gott hat dich in die Zukunft sehen lassen. Ich habe dir deinen Traum genau beschrieben, und meine Deutung trifft zu."
46 Da warf König Nebukadnezar sich vor Daniel nieder. Er befahl, man solle ihm Opfer darbringen und Weihrauch für ihn verbrennen.
47 Zu Daniel sagte er: "Es gibt keinen Zweifel: Euer Gott ist der größte aller Götter und der Herr über alle Könige! Er bringt Verborgenes ans Licht, sonst hättest du dieses Geheimnis nie aufdecken können."
48 Nebukadnezar gab Daniel eine hohe Stellung am Hof und beschenkte ihn großzügig. Er setzte ihn als Statthalter über die ganze Provinz Babylon ein und ernannte ihn zu seinem obersten Berater.
49 Auf Daniels Wunsch betraute er Schadrach, Meschach und Abed-Nego mit der Verwaltung der Provinz Babylon. Daniel selbst bliebam Hof des Königs.
1 König Nebukadnezar ließ eine goldene Statue von dreißig Metern Höhe und drei Metern Breite anfertigen und in der Ebene Dura in der Provinz Babylon aufstellen.
2 Dann lud er zur Einweihung alle führenden Beamten seines Reiches ein, die Statthalter und ihre Stellvertreter, die königlichen Berater, die Schatzmeister und Richter, die hohen Würdenträger und alle anderen Beamten der Provinzen.
3 Sie kamen und versammelten sich vor dem Standbild.
4 Dann rief ein Herold mit lauter Stimme:"Ihr Männer aus allen Völkern, Ländern und Sprachen! Der König befiehlt euch:
5 Sobald ihr den Klang der Hörner und Flöten, der Zithern und Harfen, der Lauten, Pfeifen und aller anderen Instrumente hört, sollt ihr euch niederwerfen und die goldene Statue anbeten, die König Nebukadnezar aufstellen ließ.
6 Wer es nicht tut, wird bei lebendigem Leib im Ofen verbrannt!"
7 Als die Musik einsetzte, warfen sich alle zu Boden und beteten die goldene Statue an.
8 Einige Sterndeuter aber verklagten die Juden bei Nebukadnezar.
9 Sie sagten zu ihm: "Lang lebe der König!
10 Du, o König, hast doch angeordnet, daß jeder sich beim Klang der Instrumente niederwerfen und die Statue anbeten muß.
11 Wer dies nicht tut, soll in den Ofen geworfen werden.
12 Nun sind hier einige Juden, denen du die Verwaltung der Provinz Babylon anvertraut hast: Schadrach, Meschach und Abed-Nego. Diese Männer haben sich über deinen Befehl hinweggesetzt. Sie dienen deinen Göttern nicht, und sie weigern sich, deine goldene Statue anzubeten."
13 Da packte den König der Zorn, und voller Wut ließ er die drei kommen. Als sie vor ihm standen,
14 stellte er sie zur Rede: "Schadrach, Meschach und Abed-Nego, ist es wahr, daß ihr meinen Göttern keine Ehre erweist? Warum wollt ihr euch nicht vor meiner Statue niederwerfen?
15 Ich gebe euch eine letzte Gelegenheit: Wenn jetzt die Musik ertönt und ihr niederfallt, lasse ich noch einmal Gnade vor Recht ergehen. Wenn ihr euch aber meinem Befehl widersetzt, werdet ihr auf der Stelle in den Ofen geworfen. Glaubt ihr, daß euch dann noch ein Gott aus meiner Gewalt retten kann?"
16 Schadrach, Meschach und Abed-Nego jedoch entgegneten: "Wir werden gar nicht erst versuchen, uns vor dir zu verteidigen.
17 Unser Gott, dem wir dienen, kann uns aus dem Feuer und aus deiner Gewalt retten.
18 Aber auch wenn er es nicht tut, mußt du wissen, o König, daß wir nie deine Götter anbeten oder uns vor der goldenen Statue niederwerfen werden."
19 Da verlor Nebukadnezar die Beherrschung, und sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. Er ordnete an, den Ofen siebenmal stärker als gewöhnlich zu heizen.
20 Dann befahl er seinen kräftigsten Soldaten, die drei Freunde zu fesseln und hineinzuwerfen.
21 Sofort band man die Männer und stieß sie mitsamt ihren Kleidern, mit den Hosen, Mänteln und Mützen, die sie trugen, in den Ofen.
22 Weil der König befohlen hatte, ihn besonders stark zu heizen, schlugen die Flammen heraus und töteten die Soldaten, die Schadrach, Meschach und Abed-Nego hineingeworfen hatten.
23 Die drei aber fielen gefesselt mitten ins Feuer.
24 Plötzlich sprang Nebukadnezar entsetzt auf und fragte seine Beamten: "Haben wir nicht drei Männer gefesselt in den Ofen geworfen?" "Ja, sicher!" antworteten sie.
25 "Warum sehe ich dann aber vier Männer ohne Fesseln im Feuer umhergehen?" rief der König. "Sie sind unversehrt, und der vierte sieht aus wie ein Sohn der Götter!"
26 Nebukadnezar trat näher an die Öffnung des Ofens heran und schrie: "Schadrach, Meschach und Abed-Nego, ihr Diener des höchsten Gottes, kommt heraus!" Da kamen die drei aus dem Ofen.
27 Die Statthalter und ihre Stellvertreter, die Verwalter und alle obersten Beamten eilten herbei und sahen, daß das Feuer den Männern nichts hatte anhaben können. Nicht ein Haar auf ihrem Kopf war versengt. Ihre Kleider waren völlig unbeschädigt, sie rochen nicht einmal nach Rauch.
28 Da rief Nebukadnezar: "Gelobt sei der Gott Schadrachs, Meschachs und Abed-Negos! Er hat seinen Engel gesandt, um diese Männer zu retten, die ihm dienen und sich auf ihn verlassen. Sie haben mein Gebot übertreten und ihr Leben aufs Spiel gesetzt, weil sie keinen anderen Gott anbeten und verehren wollten.
29 Deshalb erlasse ich einen Befehl für alle Völker und Länder, gleich welcher Sprache: Wer über den Gott Schadrachs, Meschachs und Abed-Negos etwas Verächtliches sagt, wird in Stücke gehauen, und sein Haus wird in Schutt und Asche gelegt! Denn es gibt keinen anderen Gott, der auf eine solche Weise retten könnte!"
30 Dann gab der König den drei Männern eine noch machtvollere Stellung in der Provinz Babylon.
31 Dies ist die Botschaft, die König Nebukadnezar an die Menschen aller Völker und Länder sendet, ganz gleich, welche Sprache sie sprechen: ch grüße euch und wünsche euch Frieden!
32 In diesem Brief möchte ich euch von den unfaßbaren Wundern erzählen, die der höchste Gott an mir getan hat.
33 Groß und gewaltig sind seine Taten! Sein Reich bleibt für immer bestehen, seine Herrschaft hört niemals auf.
1 Ich, Nebukadnezar, lebte glücklich und zufrieden im königlichen Palast.
2 Doch eines Tages, als ich auf meinem Bett lag und schlief, hatte ich einen schrecklichen Traum. Was ich in ihm sah, jagte mir große Angst ein.
3 Da ließ ich alle weisen Berater rufen. Sie sollten mir diesen Alptraum deuten.
4 Als die Wahrsager, Geisterbeschwörer, Sterndeuter und Magier vor mir standen, schilderte ich ihnen meinen Traum. Doch keiner konnte mir erklären, welche Botschaft er enthielt.
5 Zuletzt trat Daniel vor mich, der nach meinem Gott Bel den Namen Beltschazar bekommen hatte. In ihm wohnt der Geist der heiligen Götter. Auch ihm erzählte ich meinen Traum:
6 "Beltschazar", sagte ich, " dich habe ich über alle Wahrsager gesetzt, weil ich weiß, daß der Geist der heiligen Götter in dir wohnt. Kein Geheimnis ist für dich zu schwer. Sag mir doch, was die Bilder bedeuten, die ich im Traum gesehen habe!
7 Ich träumte, in der Mitte der Erde stehe ein Baum von gewaltiger Höhe.
8 Er wuchs und wurde immer größer, bis sein Wipfel den Himmel berührte. Noch vom äußersten Ende der Erde aus konnte man ihn sehen.
9 Er besaß prächtige Blätter und trug viele Früchte. Den wilden Tieren bot er Schatten und Schutz, in seinen Zweigen nisteten die Vögel. Alle Menschen und Tiere ernährten sich von seinen Früchten.
10 Während ich den Baum betrachtete, kam plötzlich vom Himmel ein Engel Gottes herab.
11 Er rief laut: 'Fällt den Baum, und hackt seine Äste ab! Reißt die Blätter herunter, und verstreut die Früchte überall! Die Tiere, die in seinem Schatten leben, und die Vögel, die in seinen Zweigen nisten, jagt in die Flucht!
12 Den Wurzelstock aber laßt stehen, und bindet ihn mit Ketten aus Eisen und Bronze auf der Wiese fest. Der Mensch, den dieser Wurzelstock darstellt, soll vom Tau durchnäßt werden und sich wie ein Tier von Gras ernähren.
13 Er wird keine menschlichen Wesenszüge mehr besitzen, sondern einem Tier gleichen. Sieben Zeiträume lang soll dies dauern!
14 So haben es die heiligen Engel beschlossen, damit die Menschen erkennen: Der höchste Gott ist Herr über alle Königreiche der Welt. Er vertraut die Herrschaft an, wem er will, selbst dem unbedeutendsten Menschen.
15 Das alles habe ich geträumt. Und nun erkläre mir, was es bedeutet, Beltschazar! Alle meine Berater sind unfähig dazu. Doch du kannst es, weil der Geist der heiligen Götter in dir wohnt."
16 Daniel, den man Beltschazar nannte, stand eine Zeitlang wie betäubt da, so erschreckte ihn das Gehörte. Da sagte ich zu ihm: "Beltschazar, mein Traum und seine Deutung braucht dir keine Angst einzujagen!" Daniel erwiderte: "Mein Herr und König, ich wünschte, die Botschaft würde deinen Feinden gelten, allen, die dich hassen!
17 Du hast einen Baum gesehen, der immer größer wurde, bis sein Wipfel schließlich den Himmel berührte. Noch vom äußersten Ende der Erde aus konnte man ihn erkennen.
18 Er besaß prächtige Blätter und trug viele Früchte. Den wilden Tieren bot er Schatten, in seinen Zweigen nisteten die Vögel.
19 Dieser Baum bist du, mein König! Mächtig und bedeutend bist du geworden! Deine Größe reicht bis zum Himmel, und deine Herrschaft erstreckt sich bis zum Ende der Erde.
20 Dann hast du gesehen, wie ein Engel Gottes vom Himmel herabkam und rief: 'Fällt den Baum, und haut ihn in Stücke; den Wurzelstock aber laßt stehen, und bindet ihn mit Ketten aus Eisen und Bronze auf der Wiese fest! Der Mensch, den dieser Wurzelstock darstellt, soll vom Tau durchnäßt und den Tieren gleich werden! Sieben Zeiträume lang wird dies dauern.
21 Höre, mein König, was der höchste Gott über dich beschlossen hat:
22 Man wird dich aus der menschlichen Gemeinschaft ausstoßen, und du mußt unter den Tieren hausen. Du wirst Gras fressen wie ein Rind und naß werden vom Tau. Erst wenn sieben Zeiträume vergangen sind, wirst du erkennen: Der höchste Gott ist Herr über alle Königreiche der Welt. Er vertraut die Herrschaft an, wem er will.
23 Du hast gehört, wie der Engel befahl, den Wurzelstock stehenzulassen. Dies bedeutet: Du darfst wieder als König regieren, wenn du Gott als Herrscher anerkennst.
24 Nimm meinen Rat an, o König! Sag dich von allem Unrecht los, und tu Gutes! Hilf den Wehrlosen! Dann wird es dir auch in Zukunft gutgehen."
25 Alles traf so ein, wie Daniel es vorausgesagt hatte:
26 Ein Jahr später ging ich auf dem Dach meines Palasts auf und ab.
27 Dabei dachte ich: "Da zu meinen Füßen liegt Babylon, die herrliche Stadt! Mir zu Ehren zeigt sie ihre ganze Pracht. Ich habe sie zu meiner Residenz ausgebaut, denn ich bin ein großer und mächtiger König!"
28 Noch während ich dies dachte, hörte ich eine Stimme vom Himmel: " König Nebukadnezar, laß dir sagen: Deine Herrschaft ist zu Ende!
29 Die Menschen werden dich verstoßen, unter wilden Tieren mußt du hausen und Gras fressen wie ein Rind. Erst wenn sieben Zeiträume vergangen sind, wirst du erkennen: Der höchste Gott ist Herr über alle Königreiche der Welt, er vertraut die Herrschaft an, wem er will."
30 Diese Ankündigung erfüllte sich sofort: Ich wurde aus der menschlichen Gemeinschaft verstoßen und fraß Gras wie ein Rind. Ich wurde vom Tau durchnäßt, mein Haar war bald so lang wie Adlerfedern und meine Nägel wie Vogelkrallen.
31 Als die lange Zeit schließlich zu Ende ging, schaute ich hilfesuchend zum Himmel, und da erlangte ich meinen Verstand wieder. Ich pries den höchsten Gott, ich lobte den, der ewig lebt. Seine Herrschaft hört niemals auf, sein Reich bleibt für alle Zeiten bestehen.
32 Die Bewohner dieser Erde sind nichts im Vergleich zu ihm. Alle Menschen, ja, sogar die Sterne am Himmel müssen sich seinem Willen beugen! Niemand darf sich ihm widersetzen und ihn fragen: "Was tust du da?"
33 Als ich wieder bei Verstand war, erhielt ich meine königliche Würde, Ehre und Anerkennung zurück. Meine obersten Beamten und die führenden Männer meines Reiches kamen zu mir und setzten mich wieder als König ein. Ich wurde noch berühmter und angesehener als zuvor.
34 Nun lobe und preise ich, Nebukadnezar, den König, der im Himmel regiert. Ihm gebe ich die Ehre! Er ist zuverlässig und gerecht in allem, was er tut. Wer aber stolz und überheblich ist, den stürzt er.
1 König Belsazar gab ein rauschendes Fest für die tausend führenden Männer seines Reiches. Der Wein floß in Strömen.
2 Im Rausch ließ Belsazar die goldenen und silbernen Gefäße holen, die sein Vater Nebukadnezar aus dem Tempel in Jerusalem geraubt hatte. Alle sollten daraus trinken: er selbst, seine Gäste, seine Frauen und Nebenfrauen.
3 Man brachte die geraubten Gefäße, und alle tranken daraus.
4 Dabei rühmten sie die babylonischen Götter aus Gold, Silber, Bronze, Eisen, Holz und Stein.
5 Plötzlich erschien an der getünchten Wand des Festsaals eine Hand. Gerade dort, wo das Licht des Leuchters auf die Wand fiel, schrieb sie einige Worte nieder. Als Belsazar die Hand sah,
6 wurde er vor Schreck kreidebleich. Er begann am ganzen Leib zu zittern.
7 "Holt die Geisterbeschwörer, die Sterndeuter und die anderen Wahrsager!" rief er laut. Als sie da waren, versprach er ihnen: "Wer die Schrift an der Wand lesen und mir sagen kann, was sie bedeutet, erhält eine hohe Auszeichnung: Er darf purpurfarbene Gewänder tragen wie ein König, er bekommt eine goldene Kette um den Hals, und ich ernenne ihn zum drittmächtigsten Mann im ganzen Reich!"
8 Die Berater des Königs traten näher, aber keiner von ihnen konnte die Schrift entziffern oder gar deuten.
9 Belsazar wurde immer bleicher, die Angst schnürte ihm die Kehle zu. Auch alle führenden Männer, die er um sich versammelt hatte, packte das Entsetzen.
10 Die Unruhe im Festsaal drang bis ans Ohr der Mutter Belsazars. Sie kam herein und sagte: "Lang lebe der König! Warum bist du so bleich vor Angst? Du brauchst dich nicht zu fürchten, denn ich weiß einen Rat.
11 Es gibt in deinem Reich einen Mann, in dem der Geist der heiligen Götter wohnt. Schon zur Zeit deines Vaters Nebukadnezar bewies er so große Einsicht und Weisheit, wie sie eigentlich nur Götter haben, die verborgene Dinge ans Licht bringen können. Dein Vater hatte ihn zum obersten aller Wahrsager, Geisterbeschwörer, Sterndeuter und Magier gemacht.
12 Laß ihn jetzt rufen! Sein Name ist Daniel, dein Vater nannte ihn Beltschazar. Dieser Mann besitzt außergewöhnliche Weisheit und kann Träume deuten. Er löst jedes Rätsel und wird mit den größten Schwierigkeiten fertig. Er soll dir die Schrift deuten."
13 Sofort ließ der König Daniel zu sich kommen. "Du also bist Daniel", begann er, "einer der Gefangenen, die mein Vater aus Judäa hergebracht hat.
14 Man sagt, der Geist der heiligen Götter wohne in dir. Du sollst verborgene Dinge ans Licht bringen können und ungewöhnlich klug und weise sein.
15 Eben habe ich meine Gelehrten, die mich beraten, und die Geisterbeschwörer kommen lassen. Sie sollten diese Schrift lesen und mir sagen, was sie bedeutet. Aber sie können es nicht.
16 Von dir jedoch habe ich gehört, daß du hinter jedes Geheimnis kommst und mit den größten Schwierigkeiten fertig wirst. Wenn du es schaffst, diese Schrift zu entziffern und mir zu deuten, werde ich dich mit allen Würden auszeichnen: Du darfst purpurfarbene Gewänder tragen wie ein König, bekommst eine goldene Kette um den Hals und wirst der drittmächtigste Mann im Reich."
17 Daniel erwiderte: "Eine Belohnung möchte ich nicht annehmen. Du kannst sie ruhig einem anderen geben. Ich werde dir die Schrift auch so vorlesen und deuten.
18 Mein König! Gott, der Allerhöchste, hatte deinen Vater Nebukadnezar zu einem mächtigen Herrscher gemacht. Er war in der ganzen Welt berühmt und hochangesehen.
19 Die Menschen aller Länder, Völker und Sprachen zitterten vor ihm. Er verbreitete Angst und Schrecken, denn er konnte nach Belieben töten oder am Leben lassen. Von seiner Gunst hing es ab, ob jemand ein hohes Amt erhielt oder es verlor.
20 So wurde er immer hochmütiger. Doch sein Stolz und seine Vermessenheit brachten ihn zu Fall. Alle Macht und Anerkennung wurde ihm genommen.
21 Man verstieß ihn aus der menschlichen Gemeinschaft, er verlor seinen Verstand und wurde wie ein Tier. Bei den wilden Eseln hauste er, fraß Gras wie ein Rind, und der Tau durchnäßte ihn. Das dauerte so lange, bis er einsah: Der höchste Gott ist Herr über alle Reiche der Welt, er vertraut die Herrschaft an, wem er will.
22 Aber du, Belsazar, hast daraus nichts gelernt, obwohl du als sein Sohn alles wußtest. Du bist genauso überheblich wie er.
23 In deinem Hochmut hast du den Herrn des Himmels mißachtet und dir die heiligen Gefäße holen lassen, die aus seinem Tempel stammen. Dann hast du mit den führenden Männern, mit deinen Frauen und Nebenfrauen Wein daraus getrunken und Loblieder auf deine Götter angestimmt. Dabei können diese Götzen weder sehen noch hören; sie begreifen nichts, weil sie aus Silber und Gold, aus Bronze und Eisen, aus Holz und Stein gemacht sind. Aber den Gott, der dein ganzes Leben in seiner Hand hat und deine Schritte lenkt - ihn willst du nicht ehren!
24 Deshalb ließ er die Hand erscheinen und diese Worte an die Wand schreiben.
25 Sie lauten: 'Mene mene tekel u-parsin.
26 'Mene' bedeutet 'gezählt': Die Tage deiner Herrschaft sind gezählt, Gott setzt ihnen ein Ende!
27 'Tekel' heißt 'gewogen': Gott hat dich gewogen und für zu leicht befunden. Du kannst nicht vor ihm bestehen.
28 'U-parsin' bedeutet 'und geteilt': Dein Reich wird unter die Meder und Perser aufgeteilt."
29 Nachdem Daniel dies gesagt hatte, befahl Belsazar, ihn mit einem Purpurgewand zu bekleiden und ihm eine Goldkette um den Hals zu legen. Er machte öffentlich bekannt, daß Daniel von nun an der drittmächtigste Mann im Reich sei.
30 Noch in derselben Nacht wurde Belsazar, der König von Babylonien, umgebracht.
1 Nach Belsazars Tod wurde der Meder Darius König von Babylonien; er war 62 Jahre alt.
2 Darius beschloß, hundertzwanzig Statthalter über die Provinzen seines Reiches einzusetzen.
3 Sie waren drei hohen Beamten am Hof unterstellt, denen sie Rechenschaft geben mußten. Die drei vertraten die Interessen des Königs. Einer von ihnen war Daniel.
4 Bald stellte sich heraus, daß Daniel weitaus klüger und begabter war als die anderen Beamten und die Statthalter. Der König dachte sogar daran, ihm die Verwaltung des ganzen Reiches zu übertragen.
5 Da suchten die anderen führenden Männer nach einem Grund, um Daniel anklagen zu können. Er übte sein Amt jedoch so gewissenhaft aus, daß sie ihm nicht das kleinste Vergehen nachweisen konnten; er war weder nachlässig noch bestechlich.
6 Da sagten sie sich: "Wir haben nichts gegen Daniel in der Hand, es sei denn, wir finden in seinem Glauben etwas Anstößiges!"
7 Sie eilten zum König und begrüßten ihn: "Lang lebe König Darius!
8 Wir kommen von einer gemeinsamen Beratung aller obersten Beamten, Verwalter, Statthalter und deren Stellvertreter. Wir schlagen dir vor, daß du folgende Anordnung erläßt und alles tust, um sie durchzusetzen: Wer in den kommenden dreißig Tagen eine Bitte an irgendeinen Gott oder Menschen richtet außer an dich, o König, soll in die Löwengrube geworfen werden.
9 Damit das Verbot nach dem Gesetz der Meder und Perser von keinem widerrufen werden kann, sollte es in einer Urkunde festgehalten werden."
10 Da ließ Darius den Erlaß niederschreiben, und das Verbot trat in Kraft.
11 Als Daniel davon erfuhr, ging er in sein Haus. Das obere Stockwerk hatte Fenster in Richtung Jerusalem, die offen standen. Hier kniete er nieder, betete zu seinem Gott und dankte ihm, wie er es auch sonst dreimal am Tag tat.
12 Plötzlich stürmten seine Feinde herein und ertappten ihn dabei, wie er Gott anflehte.
13 Sofort gingen sie zum König und fragten: "Hast du nicht ausdrücklich befohlen, jeden den Löwen zum Fraß vorzuwerfen, der in den kommenden dreißig Tagen eine Bitte an irgendeinen Gott oder Menschen richtet außer an dich, o König?" "Ja", antwortete Darius, "und nach dem Gesetz der Meder und Perser kann keiner diesen Erlaß widerrufen."
14 Da erzählten sie: "Daniel, einer der Verbannten aus Judäa, macht sichüberhaupt nichts aus deinem Verbot. Er setzt sich darüber hinweg, obwohl du selbst es erlassen hast! Dreimal am Tag betet er zu seinem Gott!"
15 Als der König das hörte, war er bestürzt. Den ganzen Tag dachte er darüber nach, wie er Daniel retten könnte, aber bis zum Sonnenuntergang hatte er immer noch keine Lösung gefunden.
16 Da kamen die Männer wieder zum König gelaufen und erinnerten ihn noch einmal daran, daß nach dem Gesetz der Meder und Perser kein königlicher Erlaß abgeändert werden dürfe.
17 Darius befahl schließlich, Daniel zu verhaften und in die Löwengrube zu werfen. Er sagte zu Daniel: "Dein Gott, dem du so treu dienst, möge dich retten!"
18 Dann wurde ein Stein auf die Öffnung der Grube gewälzt. Der König versiegelte ihn mit seinem Siegelring, und die führenden Männer taten dasselbe, damit niemand mehr Daniel herausholen konnte.
19 Danach zog sich Darius in seinen Palast zurück. Er fastete die ganze Nacht, verzichtete auf jede Unterhaltung und konnte nicht schlafen.
20 Im Morgengrauen stand er auf und lief schnell zur Löwengrube.
21 Schon von weitem rief er ängstlich: "Daniel, du Diener des lebendigen Gottes! Hat dein Gott, dem du unaufhörlich dienst, dich vor den Löwen retten können?"
22 Da hörte er Daniel antworten: "Lang lebe der König!
23 Mein Gott hat seinen Engel gesandt. Er hat den Rachen der Löwen verschlossen, darum konnten sie mir nichts anhaben. Denn Gott weiß, daß ich unschuldig bin, und auch dir gegenüber, mein König, habe ich kein Unrecht begangen."
24 Darius war glücklich und erleichtert. Sofort befahl er, Daniel aus der Löwengrube zu holen. Man fand nicht die geringste Verletzung an ihm, denn er hatte auf seinen Gott vertraut.
25 Auf Befehl des Königs wurden die Männer, die Daniel verklagt hatten, zusammen mit ihren Frauen und Kindern den Löwen zum Fraß vorgeworfen. Noch ehe sie den Boden der Grube berührt hatten, fielen die Tiere schon über sie her und zermalmten ihnen alle Knochen.
26 Dann sandte König Darius eine Botschaft an die Menschen aller Völker, Länder und Sprachen. Sie lautete: "Ich grüße euch und wünsche euch Frieden!
27 Hiermit ordne ich an, in meinem ganzen Reich dem Gott Daniels Ehrfurcht zu erweisen! Denn er ist der lebendige Gott, der in alle Ewigkeit regiert. Sein Reich geht niemals unter, seine Herrschaft bleibt für immer bestehen.
28 Er rettet und befreit, er vollbringt Wunder und zeigt seine große Macht im Himmel und auf der Erde. Daniel hat er vor den Löwen gerettet."
29 Während der Regierungszeit des Darius und auch unter der Herrschaft des persischen Königs Kyrus genoß Daniel hohes Ansehen.
1 Im 1. Regierungsjahr des babylonischen Königs Belsazar hatte Daniel nachts im Traum eine Vision. Er schrieb alles nieder, was er gesehen hatte,
2 und so beginnt sein Bericht: ch, Daniel, sah, wie aus allen vier Himmelsrichtungen ein starker Wind kam und das Meer aufwühlte.
3 Vier große Tiere stiegen aus dem Wasser empor; sie waren alle verschieden.
4 Das erste sah aus wie ein Löwe, es hatte jedoch Adlerflügel. Während ich es betrachtete, wurden ihm plötzlich die Flügel abgerissen, es wurde aufgerichtet und wie ein Mensch auf zwei Füße gestellt. Dann bekam es das Herz eines Menschen.
5 Das zweite Tier sah aus wie ein Bär und hatte sich mit einer Seite aufgerichtet. Zwischen den Zähnen hielt es drei Rippenknochen fest. Man rief ihm zu: "Los, steh auf und friß Fleisch, soviel du kannst!"
6 Dann sah ich das nächste Tier erscheinen. Es glich einem Panther, hatte aber vier Vogelflügel auf dem Rücken und vier Köpfe. Ihm wurde große Macht gegeben.
7 Zuletzt sah ich in der Vision ein viertes Tier. Sein Anblick war grauenerregend, und es strotzte vor Kraft. Was es mit seinen gewaltigen Zähnen aus Eisen nicht zermalmte, das zertrat es mit den Füßen. Von den anderen Tieren unterschied es sich völlig. Es hatte zehn Hörner.
8 Als ich die Hörner genau betrachtete, sah ich ein weiteres, kleines Horn zwischen ihnen hervorwachsen. Drei Hörner wurden herausgerissen, um ihm Platz zu machen. Ich bemerkte, daß dieses Horn Menschenaugen besaß und ein Maul, das große Reden schwang.
9 Während ich noch schaute, wurden Thronsessel aufgestellt. Ein hochbetagter Mann setzte sich auf einen von ihnen. Sein Gewand war weiß wie Schnee und sein Haar so hell wie reine Wolle. Sein Thron stand auf Rädern aus Feuer und war von Flammen umgeben,
10 ja, ein ganzer Feuerstrom ging von ihm aus! Unzählige Engel standen vor ihm und dienten ihm. Nun trat ein Gericht zusammen, und Bücher wurden geöffnet.
11 Ich schaute wieder auf das Horn, das so selbstgefällig daherredete. Plötzlich wurde das Tier, zu dem es gehörte, getötet und ins lodernde Feuer geworfen.
12 Die anderen drei Tiere hatten ihre Macht schon eingebüßt, sie durften aber weiterleben bis zu der Zeit, die Gott bestimmen würde.
13 Doch ich sah noch mehr in meiner Vision: Mit den Wolken am Himmel kam einer, der aussah wie ein Mensch{Wörtlich: wie ein Menschensohn.} . Man führte ihn zu dem alten Mann,
14 der ihm Macht, Ehre und königliche Würde verlieh. Die Menschen aller Länder, Völker und Sprachen dienten ihm. Für immer und ewig wird er herrschen, sein Reich wird niemals zerstört!
15 Was ich in der Vision gesehen hatte, erschreckte und beunruhigte mich.
16 Deshalb ging ich zu einem der Engel, die in der Nähe standen, und bat ihn: "Sag mir, was dies alles zu bedeuten hat." Er erklärte:
17 "Die vier Tiere sind vier Königreiche, die große Macht erlangen werden.
18 Aber schließlich wird das heilige Volk Gottes, des Allerhöchsten, die Herrschaft empfangen und sie für alle Zeiten behalten."
19 Ich wollte gern noch mehr über das vierte Tier erfahren, das sich von den anderen völlig unterschied und grauenhaft aussah. Was es mit seinen gewaltigen Zähnen aus Eisen nicht zermalmte und mit seinen Krallen aus Bronze nicht zerriß, das zertrat es mit den Füßen.
20 Besonders wollte ich wissen, was die zehn Hörner auf seinem Kopf zu bedeuten hatten und das kleine Horn, das plötzlich hervorgewachsen war und drei andere verdrängt hatte. Es besaß Menschenaugen und ein Maul, das große Reden schwang, und es war furchterregender als die übrigen Hörner.
21 Ich sah, wie dieses Horn Krieg gegen das heilige Volk Gottes führte und es besiegte.
22 Aber dann griff der alte Mann ein. Er übertrug dem heiligen Volk Gottes, des Allerhöchsten, die Vollmacht, Gericht zu halten. Nun war die Zeit gekommen, in der sie die Herrschaft ausüben konnten.
23 Der Engel, den ich nach der Bedeutung des Traumes gefragt hatte, erklärte mir: "Das vierte Tier bedeutet ein viertes Reich, das sich von allen früheren unterscheidet. Es wird die anderen Völker verschlingen, zermalmen und niedertreten.
24 Die zehn Hörner sind zehn Könige, die aus diesem Reich hervorgehen werden. Nach ihnen jedoch kommt ein Herrscher an die Macht, der ganz anders ist als seine Vorgänger. Er wird drei Könige stürzen.
25 Sogar Gott, den Allerhöchsten, wird er herausfordern und das heilige Volk Gottes bezwingen. Mit allen Mitteln versucht er, die heiligen Feste abzuschaffen und das Recht zu verändern. Gottes Volk wird für einen Zeitraum, dann für zwei Zeiträume und nochmals für einen halben Zeitraum seiner Gewalt ausgeliefert sein.
26 Dann jedoch tritt das Gericht im Himmel zusammen. Es wird diesen Herrscher stürzen und ein für allemal vernichten.
27 Schließlich wird Gott, der Allerhöchste, seinem Volk die Herrschaft über die anderen Königreiche der Erde anvertrauen und ihm große Macht verleihen. Gottes Reich aber bleibt für immer bestehen, alle Mächtigen werden ihm dienen und gehorchen."
28 Bis hierher ging mein Traum. Ich war wie betäubt und wurde kreidebleich. Noch lange dachte ich über das nach, was ich gesehen hatte.
1 Im 3. Regierungsjahr König Belsazars hatte ich, Daniel, eine zweite Vision:
2 Dabei sah ich mich selbst in der königlichen Residenz Susa in der Provinz Elam. Ich stand am Ulai-Kanal,
3 und als ich mich umschaute, entdeckte ich am Ufer einen Schafbock. Er hatte zwei lange Hörner; das eine war größer als das andere, obwohl es erst später gewachsen war.
4 Ich sah, wie der Schafbock mit seinen Hörnern nach Westen, Norden und Süden Stöße austeilte. Kein Tier konnte sich ihm widersetzen, und wenn er eines in seiner Gewalt hatte, konnte niemand mehr helfen. Er tat, was er wollte, und wurde immer mächtiger.
5 Während ich noch darüber nachdachte, was dies zu bedeuten hatte, kam plötzlich ein Ziegenbock vom Westen her über die ganze Erde. Er lief so schnell, daß er kaum den Boden berührte. Zwischen den Augen hatte er ein auffällig starkes Horn.
6 Als er bei dem Schafbock angelangt war, den ich am Kanal gesehen hatte, stürzte er sich mit voller Wucht auf ihn
7 und traf ihn in seiner Flanke. Die zwei kämpften erbittert, bis der Ziegenbock seinem Feind beide Hörner abbrach. Der Schafbock hatte keine Kraft mehr, sich zu wehren, er wurde zu Boden geworfen und zertrampelt. Niemand kam ihm zu Hilfe.
8 Jetzt wurde der Ziegenbock noch mächtiger. Doch als er überaus kräftig geworden war, brach das große Horn ab. An seiner Stelle kamen vier gewaltige Hörner zum Vorschein, die in alle vier Himmelsrichtungen wuchsen.
9 Aus einem von ihnen brach noch ein weiteres Horn hervor. Zuerst war es sehr klein, aber dann wuchs es immer mehr nach Süden, nach Osten und in Richtung Israel{Wörtlich: und zum Land der Zierde hin.} .
10 Ja, es erreichte sogar die Sterne am Himmel, warf einige von ihnen auf die Erde hinunter und zertrat sie.
11 Selbst den Herrn des Himmels forderte es heraus, denn es verbot die regelmäßigen Opfer, die ihm dargebracht wurden, und entweihte seinen Tempel.
12 Es setzte ein ganzes Heer ein, das die täglichen Opfer mit Gewalt unterbinden sollte. So trat es die Wahrheit mit Füßen, und was immer es unternahm, gelang ihm.
13 Dann hörte ich, wie ein Engel einen anderen fragte: "Wann wird man Gott wieder Opfer darbringen können? Soll sich das Horn weiter ungehindert gegen Gott auflehnen und schreckliche Verwüstungen anrichten? Es fordert den Herrn des Himmels heraus{Wörtlich: Es zertritt das Heer (des Himmels).} und hat sein Heiligtum zerstört. Wie lange soll das noch so bleiben?"
14 Der andere Engel antwortete: "Erst nach 2 300 Tagen{Wörtlich: 2 300 Abend-Morgen. - Es ist möglich, daß diese Angabe sich auf die täglichen Opfer bezieht, die morgens und abends dargebracht wurden. Dann könnte man auch übersetzen: nach 1 150 Tagen.} wird das Heiligtum wieder neu geweiht werden."
15 Ich dachte noch über das Gesehene nach, als plötzlich jemand vor mir stand, der wie ein Mann aussah.
16 Gleichzeitig hörte ich, wie eine Stimme vom Ulai-Kanal ihm zurief: "Gabriel, erkläre du ihm die Vision!"
17 Der Engel trat ganz nahe an mich heran. Ich erschrak und fiel vor ihm zu Boden. Er aber sagte zu mir: "Du Mensch, hör genau zu: Dir wurde vor Augen geführt, was die kommenden Generationen erleben werden."
18 Während er so zu mir sprach, lag ich wie betäubt am Boden mit dem Gesicht nach unten. Doch der Engel berührte mich und half mir wieder auf die Beine.
19 Dann sagte er: "Ich will dir erklären, was sich ereignet, wenn Gottes Zorn losbricht. Die Zeit dafür ist schon festgelegt.
20 Der Schafbock mit den beiden Hörnern ist das Reich der Meder und Perser mit ihren Herrschern.
21 Der zottige Ziegenbock ist das Reich der Griechen, und das große Horn zwischen den Augen des Bocks der erste König dieses Reiches.
22 Du hast gesehen, wie das Horn abbrach und an seiner Stelle vier andere nachwuchsen. Dies bedeutet, daß aus dem einen Königreich vier andere entstehen werden. Sie werden aber nicht so mächtig sein wie das erste.
23 Am Ende ihrer Herrschaft wird die Gottlosigkeit überhandnehmen und das Maß der Schuld voll sein. ann kommt ein rücksichtsloser und hinterhältiger König
24 und erlangt große Macht, wenn auch nicht aus eigener Kraft. Schreckliches Verderben richtet er an, und was er unternimmt, das hat Erfolg. Er schaltet mächtige Herrscher aus, sogar Gottes heiliges Volk stürzt er ins Verderben.
25 Weil er so schlau und gerissen ist, gelingt es ihm, die Menschen zu täuschen. In seinem Größenwahn bringt er viele ohne jede Warnung um. Selbst dem höchsten Herrn stellt er sich entgegen, doch schließlich wird er ohne menschliches Zutun vernichtet.
26 Hör zu, Daniel! Alles, was du über die 2 300 Tage erfahren hast, wird eintreffen. Behalte die Vision genau im Gedächtnis! Denn es dauert noch lange, bis sie sich ganz erfüllt hat."
27 Danach war ich völlig erschöpft und tagelang krank. Als es mir besser ging, nahm ich meinen Dienst beim König wieder auf. Doch ich war erschüttert über die Vision, und ich verstand sie nicht.
1 Der Meder Darius, der Sohn des Xerxes, war König von Babylonien geworden.
2 In seinem 1. Regierungsjahr forschte ich in den heiligen Schriften. Ich las dort, wie der Herr dem Propheten Jeremia ankündigte, daß Jerusalem siebzig Jahre in Trümmern liegen würde.{Vgl. Jeremia 25,11; 2. Chronik 36,21}
3 Da flehte ich zum Herrn, meinem Gott, ich fastete, zog ein Trauergewand aus Sacktuch an und streute Asche auf meinen Kopf.
4 Ich bekannte dem Herrn die Schuld unseres Volkes:"Ach Herr, du mächtiger und ehrfurchtgebietender Gott! Du hältst deinen Bund mit uns und erweist Gnade denen, die dich lieben und nach deinen Geboten leben.
5 Doch wir haben gegen dich gesündigt und großes Unrecht begangen! Was du wolltest, war uns gleichgültig! Ja, wir haben uns gegen dich aufgelehnt und deine Gebote und Weisungen umgangen.
6 Die Mahnungen der Propheten schlugen wir in den Wind, dabei haben sie in deinem Auftrag zu unseren Vorfahren, unseren Königen, den führenden Männern und zum ganzen Volk gesprochen.
7 Du, Herr, hast recht gehandelt, wir haben es verdient, daß du uns so schwer bestraft und in andere Länder vertrieben hast. Wir alle müssen uns schämen: die Bewohner von Juda und Jerusalem und auch wir in der Fremde. Unser ganzes Volk hat dir die Treue gebrochen.
8 Herr, wir haben schwere Schuld auf uns geladen: unsere Könige, die führenden Männer und auch unsere Vorfahren. Dafür schämen wir uns in Grund und Boden.
9 Doch du, Herr, unser Gott, bist barmherzig und vergibst uns, obwohl wir von dir nichts mehr wissen wollten.
10 Wir haben uns taub gestellt, wir haben nicht auf die Propheten gehört, die uns aufforderten, nach deinen Geboten zu leben.
11 Ganz Israel hat deine Weisungen mißachtet und deine Worte in den Wind geschlagen. Deshalb hat uns nun dein Fluch getroffen, den du im Gesetzbuch deines Dieners Mose allen angedroht hast, die sich gegen dich auflehnen.{Vgl. 5. Mose 28,15-68}
12 Noch nie ist über ein Volk ein solches Unheil hereingebrochen, wie es die Menschen in Jerusalem jetzt erleben. Du hast deine Drohungen gegen uns und unsere führenden Männer wahr gemacht!
13 Ja, du hast uns ins Unglück gestürzt, wie es im Gesetzbuch des Mose angekündigt ist. Und wir haben auch nichts unternommen, um dich wieder gnädig zu stimmen. Wir sind nicht von unseren falschen Wegen umgekehrt zu dir, dem wahren Gott.
14 Darum läßt du uns nun die Folgen tragen. Wir haben die gerechte Strafe bekommen, Herr, unser Gott, denn wir wollten nicht auf dich hören.
15 Herr, wir haben gesündigt und dir den Rücken gekehrt. Du bist unser Gott, du hast uns, dein Volk, durch deine große Macht aus Ägypten befreit. Bis zum heutigen Tag machst du deinen Namen überall bekannt.
16 Immer wieder hast du gezeigt, daß du dich an deine Zusagen hältst. Sei nicht länger zornig über deine Stadt Jerusalem und über deinen heiligen Berg Zion! Schon unsere Vorfahren haben große Schuld auf sich geladen, und auch wir haben weiter gegen dich gesündigt. Jetzt ist Jerusalem und unser ganzes Volk zum Gespött aller Nachbarvölker geworden.
17 Herr, höre doch jetzt, wenn ich zu dir flehe! Unser Gott, erbarm dich über dein verwüstetes Heiligtum! Es geht um deine Ehre!
18 Erhöre mich, du, mein Gott, und sieh, wie es um uns steht: Die Stadt, die deinen Namen trägt, liegt in Trümmern. Wir flehen zu dir, nicht weil wir deine Hilfe verdient hätten, sondern weil du uns schon so oft gnädig gewesen bist.
19 Herr, vergib uns! Greif ein und handle! Zögere nicht, denn deine Ehre steht auf dem Spiel! Es geht um deine Stadt und dein Volk."
20 So betete ich und bekannte dem Herrn meine Schuld und die Schuld meines Volkes. Ich flehte ihn an, sein Heiligtum auf dem Berg Zion wieder aufbauen zu lassen.
21 Noch während ich betete, eilte der Engel Gabriel herbei, den ich schon früher in meiner Vision gesehen hatte. Es war gerade die Zeit des Abendopfers.
22 "Daniel", sagte er zu mir, "ich bin gekommen, um deine Fragen zu beantworten.
23 Schon als du anfingst zu beten, sandte Gott mich zu dir, denn er liebt dich. Achte nun auf das, was ich dir offenbaren will:
24 Siebzig mal sieben Jahre{Wörtlich: Siebzig Wochen. - Eine Woche ist hier wahrscheinlich als Jahrwoche (7 Jahre) zu verstehen.} müssen vergehen, bis Gott seine Absicht mit deinem Volk und mit der heiligen Stadt erreicht hat: Zu dieser Zeit bereitet er der Auflehnung gegen ihn ein Ende, die Macht der Sünde wird gebrochen, und die Schuld ist gesühnt. Dann werden Menschen für immer vor Gott bestehen können, die Visionen und Voraussagen der Propheten erfüllen sich, und das Allerheiligste im Tempel wird wieder neu geweiht.
25 Nun hör gut zu, damit du meine Worte verstehst: Zwischen dem Befehl, Jerusalem wieder aufzubauen, und dem Auftreten eines von Gott erwählten Herrschers liegen sieben mal sieben Jahre. Zweiundsechzig mal sieben Jahre lang werden in Jerusalem Straßen und Befestigungsgräben gebaut, doch es wird eine Zeit großer Bedrängnis sein.
26 Nach den zweiundsechzig mal sieben Jahren wird ein von Gott Auserwählter hingerichtet, ohne daß er irgendwo Hilfe findet. Dann zerstört das Heer eines fremden Machthabers die Stadt und den Tempel wie eine reißende Flut. Bis zum Ende herrschen Krieg und Verwüstung, denn so hat es Gott beschlossen.
27 Der Machthaber wird vielen Menschen einen Bund aufzwingen, der sieben Jahre lang gelten wird. Nach der Hälfte dieser Zeit verbietet er den Opferdienst am Tempel und stellt dort eine abscheuliche Götzenstatue auf. Doch auch dieser grausame Herrscher wird untergehen, denn Gott hat sein Urteil über ihn gesprochen."
1 Im 3. Regierungsjahr des persischen Königs Kyrus empfing Daniel, der Beltschazar genannt wurde, eine Botschaft von Gott. Sie kündigt eine Zeit großer Not an und wird sich ganz sicher erfüllen. In einer Vision wurde Daniel diese Botschaft erklärt.
2 Er berichtet: amals trauerte ich drei Wochen lang,
3 ich verzichtete auf alle erlesenen Speisen und auf Fleisch, trank keinen Wein undverwendete keine wohlriechenden Salböle.
4 Am 24. Tag des 1. Monats stand ich am Ufer des Tigris.
5 Als ich aufblickte, sah ich einen Mann, der ein weißes Leinengewand mit einem Gürtel aus feinstem Gold trug.
6 Sein Leib funkelte wie ein Edelstein, sein Gesicht leuchtete wie ein Blitz, und die Augen glichen brennenden Fackeln. Die Arme und Beine schimmerten wie polierte Bronze, und seine Stimme war so laut wie die Rufe einer großen Menschenmenge.
7 Ich war der einzige, der die Erscheinung wahrnahm. Meine Begleiter konnten sie nicht sehen, doch sie bekamen plötzlich große Angst, liefen davon und versteckten sich.
8 So blieb ich allein zurück und spürte, wie mich beim Anblick der beeindruckenden Gestalt die Kräfte verließen. Ich wurde kreidebleich und konnte mich kaum noch auf den Beinen halten.
9 Da fing der Mann an zu sprechen, und kaum hörte ich seine gewaltige Stimme, da verlor ich die Besinnung, fiel um und blieb mit dem Gesicht am Boden liegen.
10 Doch eine Hand berührte mich und rüttelte mich wach. Ich konnte auf die Knie gehen und mich mit den Händen abstützen.
11 Der Mann sprach zu mir: "Gott liebt dich, Daniel! Steh auf und achte auf meine Worte, denn Gott hat mich zu dir geschickt." Zitternd stand ich auf.
12 "Hab keine Angst!" ermutigte er mich. "Du wolltest gern erkennen, was Gott tun will, und hast dich vor ihm gedemütigt. Schon an dem Tag, als du anfingst zu beten, hat er dich erhört. Darum bin ich nun zu dir gekommen.
13 Aber der Engelfürst des Perserreichs stellte sich mir entgegen und hielt mich einundzwanzig Tage lang auf. Doch dann kam mir Michael zu Hilfe, einer der höchsten Engelfürsten. Ihm konnte ich den Kampf um das Reich der Perser überlassen.
14 Ich bin jetzt hier, um dir zu erzählen, wie es mit deinem Volk weitergeht. Denn was du nun von mir erfährst, wird sich in ferner Zukunft erfüllen."
15 Als er so zu mir redete, blickte ich zu Boden und brachte kein Wort mehr heraus.
16 Der Engel, der aussah wie ein Mensch, berührte meine Lippen, und ich konnte wieder sprechen. Ich sagte zu ihm: "Mein Herr, deine Erscheinung läßt mich zittern wie eine Frau in den Wehen, sie hat mir alle Kraft genommen!
17 Ich stehe vor dir wie ein Sklave vor seinem Herrn. Wie könnte ich es wagen, überhaupt ein Wort an dich zu richten? Dazu fehlt mir der Mut, und meine Kehle ist wie zugeschnürt."
18 Der Engel, der wie ein Mensch aussah, berührte mich noch einmal und gab mir dadurch Kraft.
19 "Hab keine Angst!" sagte er. "Gott liebt dich, er meint es gut mit dir. Sei jetzt stark und mutig!" Während er mit mir sprach, kehrte meine Kraft zurück, und ich antwortete: "Mein Herr, weil du mich gestärkt hast, kann ich hören, was du mir sagen möchtest."
20 Er entgegnete: "Weißt du überhaupt, warum ich zu dir gekommen bin? Bald schon muß ich wieder umkehren, um den Kampf mit dem Engelfürsten der Perser zu Ende zu führen. Wenn ich ihn besiegt habe, wird der Engelfürst von Griechenland mich angreifen.
1 Gegen diese beiden steht mir allein Michael bei, der Engelfürst eures Volkes. Denn im 1. Regierungsjahr des Mederkönigs Darius habe ich ihm Hilfe und Schutz gegeben. Doch bevor ich zurückgehe, will ich dir die Botschaft anvertrauen, die im Buch der Wahrheit aufgeschrieben ist:"
2 "Was ich dir nun offenbare, wird ganz bestimmt eintreffen: Drei weitere Könige werden in Persien regieren, bis ein vierter die Herrschaft übernimmt, der seine Vorgänger an Glanz und Reichtum weit übertrifft. Auf dem Gipfel seiner Macht bietet er alle Kräfte gegen Griechenland auf.
3 Nach ihm kommt ein bedeutender König, der so mächtig ist, daß er alles erreichen kann, was er geplant hat.
4 Doch auf dem Höhepunkt seiner Macht zerfällt sein Reich in vier Teile, die im Norden, Süden, Osten und Westen liegen und viel schwächer sind als das vorige. Keiner der königlichen Nachkommen kann weiterregieren, das Königshaus geht unter, und andere reißen die Macht an sich.
5 Der König des Südreichs gewinnt an Einfluß, doch einer seiner Heerführer wird noch bedeutender als er und errichtet im Norden ein noch größeres Reich.
6 Nach einigen Jahren verbünden sich die beiden Reiche miteinander, und um den Frieden zu festigen, heiratet die Tochter des Königs im Süden den König im Norden. Doch sie kann ihren Einfluß nicht behaupten, und das Bündnis zerbricht. Sie kommt um, ebenso ihr Mann, ihr Vater und ihr Gefolge.
7 Ein Verwandter von ihr wird anstelle ihres Vaters König. Er zieht gegen den König des Nordens in den Krieg, besiegt ihn und dringt in seine befestigte Hauptstadt ein.
8 Die Götterstatuen und die wertvollen Gegenstände aus Silber und Gold nimmt er nach Ägypten mit. Danach wird er den König im Norden einige Jahre nicht mehr angreifen.
9 Dieser jedochfällt in das Südreich ein, zieht sich aber sofort wieder zurück.
10 Seine Söhne werden sich erneut zum Krieg rüsten und viele große Heere aufbieten, die wie eine zerstörerische Flut über die Feinde hereinbrechen. Immer wieder greifen sie an und dringen schließlich bis zur Festung des Königs im Süden vor.
11 Dieser wiederum wird voller Zorn seine Truppen sammeln, gegen seinen Feind kämpfen und ihn trotz seiner Übermacht besiegen.
12 Zehntausende aus dem nördlichen Reich werden dabei umkommen. Dieser Erfolg macht den König des Südens selbstsicher und überheblich. Doch er kann seine Macht nicht lange behaupten.
13 Denn der Herrscher aus dem Norden stellt einige Jahre später noch größere Truppen auf, bis an die Zähne bewaffnet, und greift mit ihnen an.
14 Auch viele andere werden sich in jener Zeit gegen den König des Südens auflehnen. Eine Vision erfüllt sich: Menschen aus deinem eigenen Volk, die vor Gewalttaten nicht zurückschrecken, schließen sich den Aufständischen an. Aber sie werden scheitern.
15 Der König aus dem Norden wird mit seinen Soldaten anrücken, eine befestigte Stadt belagern und sie einnehmen. Das Heer aus dem Süden kann ihm nicht standhalten, sogar die Elitetruppen müssen die Waffen strecken.
16 Niemand leistet dem nördlichen Herrscher mehr Widerstand, er kann tun und lassen, was er will. uch in Israel{Wörtlich: im Land der Zierde.} macht er sich breit und verwüstet das Land.
17 Er will durch ein Bündnis die Herrschaft über das Südreich erlangen, damit es ihm nicht mehr gefährlich werden kann. Deshalb gibt er dem König des Südens eine seiner Töchter zur Frau. Doch sein Plan wird scheitern.
18 Darauf greift er die Küstenländer und Inseln an und bringt viele in seine Gewalt. Doch ein fremder Heerführer stellt sich ihm entgegen und macht seinem Größenwahn ein Ende.
19 Darauf zieht sich der König des Nordens in die befestigten Städte seines eigenen Landes zurück. Aber dort wird er gestürzt, und schon bald gerät er in Vergessenheit.
20 Sein Nachfolger wird einen Bevollmächtigten durchs Reich schicken, um Steuern einzutreiben und so den Reichtum seines Landes zu vergrößern. Aber schon nach kurzer Zeit wird der König sterben; er fällt jedoch weder im Krieg, noch wird er aus Rache ermordet."
21 "An die Stelle des verstorbenen Königs wird ein skrupelloser Mann treten. Er ist zwar nicht für die Thronfolge bestimmt, reißt aber durch Intrigen die Herrschaft an sich.
22 Wenn feindliche Heere in sein Land einfallen, löscht er sie aus. Ja, sogar einen verbündeten Fürsten{Wörtlich: den Fürst des Bundes. - Möglicherweise ist hier auch der Hohepriester gemeint.} läßt er umbringen.
23 Zuerst schließt er ein Bündnis mit ihm, doch dann hintergeht er ihn auf übelste Weise. Obwohl den König nur wenige unterstützen, gelangt er an den Gipfel der Macht.
24 Er fällt in die reichen Gegenden einer Provinz ein, während sich die Bewohner in Sicherheit wiegen, er plündert sie aus und verteilt die Beute an seine Anhänger. Kein Herrscher vor ihm hat es je so schlimm getrieben! Auch die befestigten Städte will er in seine Gewalt bekommen, doch dazu bleibt ihm nicht mehr viel Zeit.
25 Entschlossen und zielbewußt führt er ein großes Heer gegen den König des Südens in den Kampf. Dieser rüstet sich mit einer noch gewaltigeren Armee zum Krieg, doch er kann seinen Feinden nicht standhalten, denn er wird das Opfer einer Verschwörung:
26 Seine engsten Vertrauten bringen seine Pläne zum Scheitern, viele Soldaten fallen in der Schlacht, und die Überlebenden fliehen in alle Richtungen.
27 Die beiden Könige verhandeln miteinander, und jeder ist nur darauf aus, den anderen hinters Licht zu führen. Doch keiner von ihnen hat Erfolg, denn die Zeit dafür ist noch nicht gekommen.
28 Zunächst kehrt der König aus dem Norden mit reicher Beute in sein Land zurück. Unterwegs greift er das Volk an, mit dem Gott einen Bund geschlossen hat.
29 Später versucht er wieder, das Südreich zu erobern. Doch diesmal wird es ihm anders ergehen als bei seinem ersten Feldzug:
30 Schiffe aus einem Land im Mittelmeer bedrohen ihn, er verliert den Mut und tritt den Rückzug an. eine Wut darüber läßt er an dem Volk aus, das zum heiligen Gott gehört. Er zieht alle auf seine Seite, die bereit sind, den Bund mit Gott zu brechen.
31 Seine Truppen entweihen den Tempel auf dem Berg, schaffen die täglichen Opfer ab und stellen eine abscheuliche Götzenstatue auf.
32 Alle, denen Gottes Bund mit Israel schon immer gleichgültig war, verführt er mit schönen Worten dazu, sich endgültig von Gott abzuwenden. Die anderen aber, die Gott treu sein wollen, bleiben standhaft.
33 Weise und Verständige aus dem Volk werden vielen den richtigen Weg zeigen. Darum wird man sie eine Zeitlang verfolgen; man nimmt sie gefangen, tötet sie mit dem Schwert, raubt ihren Besitz und brennt ihre Häuser nieder.
34 Sie erfahren zwar auch Hilfe, aber viele schließen sich ihnen nur zum Schein an.
35 Daß die Weisen und Verständigen so hart verfolgt werden, dient ihrer Läuterung. Gott will sie durch diese schwere Zeit prüfen, damit ihr Glaube sich bewährt. Dies dauert so lange, wie Gott es bestimmt hat.
36 Der König kann tun und lassen, was er will. Ja, er ist so vermessen, sich über die Götter zu erheben; sogar Gott, den Höchsten, verhöhnt und verspottet er. Doch er wird dies nur so lange tun, bis Gott ihn voller Zorn bestraft, denn niemand kann Gottes Pläne durchkreuzen.
37 Der König macht sich nichts aus den Göttern seiner Vorfahren. Nicht einmal der Lieblingsgott der Frauen{Gemeint ist wahrscheinlich der Gott Tammus (Hesekiel 8,14), in Griechenland Adonis, in Ägypten Osiris genannt.} oder irgendein anderer bedeutet ihm etwas, denn er bildet sich ein, mächtiger als sie alle zu sein.
38 Er dient lieber dem Gott der Festungen, den seine Vorfahren nie gekannt haben, und bringt ihm Gold und Silber dar, Edelsteine und andere wertvolle Gaben.
39 Im Namen dieses fremden Gottes bezwingt er selbst die stärksten Festungen. Wer ihn als Herrscher anerkennt, den überhäuft er mit großen Ehren, er teilt ihm Land zu und läßt ihn über viele Menschen regieren.
40 Schließlich aber kommt das Ende: Der König des Südens fällt mit seinen Truppen über das Nordreich her, doch der König des Nordens geht mit Streitwagen, Reitern und vielen Schiffen zum Gegenangriff über. Er stößt in die Länder des Südens vor und überrollt sie wie eine verheerende Flut.
41 Dabei erobert er auch Israel{Wörtlich: das Land der Zierde.} und bringt viele Länder in seine Gewalt. Nur die Edomiter, die Moabiter und der größte Teil der Ammoniter kommen noch einmal davon.
42 Für Ägypten jedoch gibt es bei diesem Feldzug keine Rettung mehr.
43 Der König des Nordens raubt die Schätze des Landes, sein Gold und sein Silber. Und selbst Libyer und Äthiopier führt er in seinem Siegeszug mit.
44 Dann aber werden ihm Gerüchte aus dem Osten und Norden zugetragen, die ihn beunruhigen. Voller Zorn tritt er den Rückzug an, um seine Feinde ein für allemal zu vernichten.
45 Er schlägt seine Kriegszelte zwischen dem Meer und dem Berg Zion{Wörtlich: dem Berg der heiligen Zierde.} auf. Doch dann wird sein Ende kommen, und niemand kann ihm mehr helfen."
1 "In jener Zeit tritt Michael, der große Engelfürst, für dein Volk ein, so wie er es schon immer getan hat. Es wird eine so große Not herrschen wie noch nie seit Menschengedenken. Aber alle aus deinem Volk werden gerettet, deren Name in Gottes Buch aufgeschrieben ist.
2 Viele von denen, die in der Erde ruhen, werden erwachen, die einen werden für immer leben, die anderen erleiden für immer Spott und Schande.
3 Die Weisen und Verständigen aber werden leuchten wie die Sonne am Himmel. Und diejenigen, die vielen Menschen den richtigen Weg gezeigt haben, leuchten für immer und ewig wie die Sterne.
4 Du aber, Daniel, bewahr diese Botschaft sorgfältig auf! Schreib all diese Worte in ein Buch, und versiegle es, bis es am Ende der Zeit geöffnet wird. Viele werden es erforschen und zu immer größerer Erkenntnis gelangen."
5 Dann sah ich zwei Männer am Fluß stehen, jeder an einem Ufer.
6 Einer von ihnen fragte den Engel, der ein Gewand aus Leinen trug und über dem Wasser schwebte: "Wie lange dauert es noch, bis diese erstaunlichen Ereignisse vorüber sind?"
7 Der Engel erhob beide Hände zum Himmel und schwor bei Gott, der ewig lebt: "Es dauert noch einen Zeitraum, dann zwei Zeiträume und einen halben Zeitraum. Wenn die Kraft des heiligen Volkes Gottes gebrochen ist, dann kommt alles zu seinem Ziel!"
8 Ich hörte zwar, was der Engel sagte, aber ich konnte es nicht begreifen. Deshalb fragte ich: "Mein Herr, wie wird das Ende aussehen?"
9 Er antwortete: "Geh jetzt, Daniel! Bewahr diese Botschaft sorgfältig auf! Das Buch soll versiegelt bleiben, bis das Ende kommt.
10 Gott wird viele Menschen auf die Probe stellen, er wird sie läutern, damit ihr Glaube sich bewährt. Doch alle, die von Gott nichts wissen wollen, werden sich weiterhin gegen ihn auflehnen. Sie werden diese Botschaft nicht verstehen, die Weisen aber werden sie begreifen.
11 Von dem Zeitpunkt an, wenn man die regelmäßigen Opfer abschafft und eine abscheuliche Götzenstatue aufstellt, wird es 1 290 Tage dauern.
12 Glücklich ist, wer aushält, bis 1 335 Tage vorüber sind!
13 Du aber geh deinen Weg bis zum Ende! Du wirst in der Erde ruhen, doch später wirst du auferstehen und das himmlische Erbe empfangen, das am Ende der Zeit auf dich wartet."