1

1 Dies ist die Heilsbotschaft von Jesus Christus, dem Sohn Gottes.

2 Alles begann so, wie es in der Heiligen Schrift vorausgesagt worden war: "Gott wird einen Boten senden, der die Welt darauf vorbereiten soll, daß Gottes Sohn kommen wird."{Maleachi 3,1}

3 Der Prophet Jesaja hatte vorausschauend die Aufgabe dieses Boten so beschrieben: "Ich höre jemand in der Wüste rufen: 'Macht den Weg frei für den Herrn! Räumt alle Hindernisse weg, damit er kommen kann! "{Jesaja 40,3}

4 Dieser Bote war Johannes der Täufer. Er lebte in der Wüste, taufte und verkündete den Leuten, die zu ihm kamen: "Ändert euch von Grund auf, und kehrt um zu Gott, damit er euch eure Sünden vergeben kann. Laßt euch von mir taufen!"

5 Viele Menschen aus der ganzen Provinz Judäa und aus Jerusalem kamen, um Johannes zu hören. Sie bekannten ihre Sünden, und er taufte sie im Jordan.

6 Johannes war sehreinfach gekleidet: Er trug einen groben, aus Kamelhaar gewebten Mantel, der von einem Lederriemen zusammengehalten wurde. Seine Nahrung bestand aus Heuschrecken und Honig, den er draußen fand.

7 Er rief den Leuten zu: "Nach mir wird ein anderer kommen, der viel mächtiger sein wird, als ich es bin. Ich bin nicht einmal würdig, ihm die Schuhe auszuziehen.

8 Ich taufe euch mit Wasser, aber er wird euch mit dem Heiligen Geist taufen."

9 In dieser Zeit kam Jesus von Nazareth aus der Provinz Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen.

10 Gleich nach der Taufe, als Jesus aus dem Wasser gestiegen war, sah er, wie sich der Himmel über ihm öffnete und der Geist Gottes wie eine Taube auf ihn herabkam.

11 Dabei hörte er eine Stimme aus dem Himmel: "Du bist mein geliebter Sohn, der meine ganze Freude ist."

12 Gleich darauf führte der Geist Gottes Jesus in die Wüste.

13 Vierzig Tage war er dort den Versuchungen des Teufels ausgesetzt. Er lebte mit wilden Tieren zusammen, und die Engel Gottes dienten ihm.

14 Nachdem Johannes der Täufer vom König Herodes verhaftet worden war, kam Jesus in die Provinz Galiläa, um dort Gottes Botschaft zu verkündigen:

15 "Jetzt ist Gottes Stunde gekommen. Seine Königsherrschaft wird nun aufgerichtet. Ändert euch von Grund auf! Kehrt um zu Gott und nehmt seine Heilsbotschaft im Glauben an!"

16 Am See Genezareth traf Jesus den Fischer Simon und dessen Bruder Andreas. Sie warfen gerade ihre Netze aus.

17 Da forderte Jesus sie auf: "Kommt mit mir! Ich will euch zeigen, wie ihr Menschen für Gott gewinnen könnt."

18 Sofort ließen die beiden Männer ihre Netze liegen und gingen mit ihm.

19 Nicht weit davon entfernt begegnete Jesus den Söhnen des Zebedäus, Johannes und Jakobus. Sie saßen im Boot und flickten ihre Netze. Auch sie forderte er auf, mit ihm zu gehen.

20 Da verließen sie ihren Vater mit seinen Gehilfen und gingen mit Jesus.

21 Nun kamen sie in die Stadt Kapernaum. Am nächsten Sabbat besuchte Jesus die Synagoge und predigte dort.

22 Die Zuhörer waren von seiner Rede tief betroffen. Es war anders als bei ihren Schriftgelehrten, denn alle spürten, daß durch Jesus Gott selbst zu ihnen sprach.

23 In der Synagoge war ein Mann, der von einem bösen Geist beherrscht wurde. Er lief zu Jesus und schrie:

24 "Was willst du von uns, Jesus von Nazareth? Du bist doch nur gekommen, um uns zu vernichten. Ich weiß genau, wer du bist: der Sohn Gottes."

25 Aber Jesus wußte, daß nicht der Mann selbst sprach, sondern der böse Geist in ihm. Deshalb befahl er dem Dämon: "Schweig und verlaß den Mann!"

26 Der Dämon zerrte den Mann hin und her und verließ ihn dann mit einem lauten Schrei.

27 Darüber erschraken alle in der Synagoge und fragten sich aufgeregt: "Was ist das nur für eine Lehre? Den Befehlen dieses Jesus müssen sogar die bösen Geister gehorchen!"

28 In Windeseile wurde in ganz Galiläa bekannt, was Jesus getan hatte.

29 Nachdem Jesus die Synagoge verlassen hatte, ging er mit Jakobus und Johannes in Simons Haus, in dem auch Andreas wohnte.

30 Dort erfuhr er, daß Simons Schwiegermutter mit hohem Fieber im Bett lag.

31 Er ging zu ihr, nahm ihre Hand und richtete sie auf. Sofort war das Fieber verschwunden. Sie konnte sogar aufstehen und für ihre Gäste sorgen.

32 Am Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man viele Kranke und von Dämonen beherrschte Leute herbei.

33 Fast alle Bewohner der Stadt versammelten sich vor Simons Haus.

34 Jesus heilte viele Menschen von ihren Krankheiten und zwang die Dämonen, ihre Opfer freizugeben. Dabei verbot er den bösen Geistern, von ihm zu reden, denn sie wußten genau, wer er war.

35 Am nächsten Morgen stand Jesus vor Tagesanbruch auf und ging an eine einsam gelegene Stelle, um dort allein zu beten.

36 Petrus und die anderen suchten ihn.

37 Als sie ihn gefunden hatten, sagten sie vorwurfsvoll: "Alle Leute fragen nach dir!"

38 Aber er antwortete: "Wir müssen auch noch in die anderen Dörfer gehen, um dort die Heilsbotschaft zu verkünden. Das ist meine Aufgabe."

39 Und Jesus reiste durch die ganze Provinz Galiläa, predigte in den Synagogen und befreite viele aus der Gewalt dämonischer Mächte.

40 Einmal kam ein Leprakranker zu Jesus. Er fiel vor ihm nieder und bat: "Wenn du willst, kannst du mich heilen."

41 Jesus hatte Mitleid mit dem Mann. Deshalb legte er segnend die Hand auf ihn: "Ich will es tun! Sei gesund!"

42 Von diesem Augenblick an war der Aussatz verschwunden und der Mann geheilt.

43 "Sprich mit niemandem über deine Heilung", schärfte ihm Jesus ein, "sondern gehe direkt zum Priester, und laß dich von ihm untersuchen. Bring das Opfer für deine Heilung, wie es Mose vorgeschrieben hat. Jeder soll merken, daß Gott dich geheilt hat."

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45 Aber der Mann erzählte überall, wie er geheilt worden war, so daß Jesus nicht länger in der Stadt bleiben konnte. Er mußte sich in eine einsame Gegend zurückziehen. Aber auch dorthin kamen von überall die Leute zu ihm.

2

1 Nach einigen Tagen kehrte Jesus nach Kapernaum zurück. Es sprach sich schnell herum, daß er wieder zu Hause war.

2 Viele Menschen strömten zusammen, so daß nicht einmal mehr vor der Tür noch Platz war. Ihnen allen verkündete Jesus die Heilsbotschaft.

3 Da kamen vier Männer, die einen Gelähmten trugen.

4 Weil sie wegen der vielen Menschen nicht bis zu Jesus kommen konnten, deckten sie über ihm das Dach ab. Durch diese Öffnung ließen sie den Gelähmten auf seiner Trage hinunter.

5 Als Jesus sah, wie fest sie darauf vertrauten, daß er ihrem Freund helfen würde, sagte er zu dem Gelähmten: "Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!"

6 Aber einige der anwesenden Schriftgelehrten dachten:

7 "Das ist Gotteslästerung! Was bildet der sich ein! Nur Gott allein kann Sünden vergeben."

8 Jesus durchschaute sie und fragte: "Wie könnt ihr nur so etwas denken!

9 Ist es leichter zu sagen: 'Dir sind deine Sünden vergeben' oder diesen Gelähmten zu heilen?

10 Ich will euch beweisen, daß der Menschensohn die Macht hat, schon jetzt{Wörtlich: auf der Erde.} Sünden zu vergeben." Und er forderte den Gelähmten auf:

11 "Steh auf, nimm dein Bett und geh nach Hause! Du bist gesund!"

12 Der Mann stand auf, nahm seine Trage und ging hinaus. Fassungslos sahen ihm die Menschen nach und riefen begeistert: "Noch nie haben wir so etwas erlebt!" Und alle lobten Gott.

13 Jesus ging an das Ufer des Sees Genezareth und sprach zu den vielen Menschen, die sich dort versammelt hatten.

14 Als er weiterging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen. "Komm, folge mir nach!" rief er ihm zu. Sofort stand Levi auf und ging mit ihm.

15 Danach gab Levi ein großes Festessen. Dazu hatte er nicht nur Jesus und seine Jünger eingeladen, sondern auch viele von seinen früheren Kollegen und andere Leute, die einen schlechten Ruf hatten. Viele von ihnen waren zu Freunden Jesu geworden.

16 Als aber einige Schriftgelehrte, die zur Partei der Pharisäer gehörten, Jesus in dieser Gesellschaft essen sahen, fragten sie seine Jünger: "Wie kann sich euer Jesus bloß mit solchem Gesindel einlassen!"

17 Als Jesus das hörte, antwortete er ihnen: "Die Gesunden brauchen keinen Arzt, sondern die Kranken. Meine Aufgabe ist es, Sünder in die Gemeinschaft mit Gott zu rufen, und nicht solche, die Gott bereits kennen."{Wörtlich: und nicht die Gerechten.}

18 Die Jünger des Johannes und die Pharisäer fasteten regelmäßig. Deshalb kamen einige von ihnen zu Jesus und fragten: "Die Jünger des Johannes und alle Pharisäer fasten. Warum fasten deine Jünger nicht?"

19 Jesus antwortete ihnen: "Sollen die Hochzeitsgäste etwa fasten, wenn sie an der Festtafel sitzen? Sie denken nicht daran! Zumindest werden sie so lange feiern, wie der Bräutigam bei ihnen ist.

20 Die Zeit kommt ohnehin früh genug, daß der Bräutigam ihnen genommen wird. Dann werden sie fasten.

21 Niemand flickt ein altes Kleid mit neuem Stoff. Der alte Stoff würde an der Flickstelle doch wieder reißen, und das Loch würde nur noch größer.

22 Ebenso füllt niemand jungen, gärenden Wein in alte, brüchige Schläuche. Sonst platzen die Schläuche, der Wein läuft aus, und die Schläuche sind unbrauchbar. So verlangt das neue Leben nach neuen Ordnungen."{Wörtlich: Neuer Wein gehört in neue Schläuche.}

23 An einem Sabbat ging Jesus mit seinen Jüngern durch die Getreidefelder. Unterwegs rissen die Jünger Ähren ab und aßen die Körner.

24 Da begannen einige Pharisäer zu schimpfen: "Sieh dir das an! Es ist doch nicht erlaubt, am Sabbat Getreide zu ernten."

25 Aber Jesus antwortete ihnen: "Habt ihr denn nie gelesen, was David und seine Männer getan haben?

26 Als sie hungrig waren, gingen sie in das Haus Gottes - Abjathar war damals Hoherpriester - und aßen die Opferbrote, die nur die Priester essen durften.{1. Samuel 21,7}

27 Der Sabbat wurde doch für den Menschen geschaffen und nicht der Mensch für den Sabbat.

28 Deshalb hat der Menschensohn auch das Recht zu entscheiden, was am Sabbat erlaubt ist und was nicht."

3

1 Als Jesus wie gewohnt zur Synagoge ging, traf er dort einen Mann, der eine verkrüppelte Hand hatte.

2 Seine Gegner warteten gespannt darauf, wie Jesus sich verhalten würde. Sollte er es nämlich wagen, auch am Sabbat zu heilen, so könnten sie Anklage gegen ihn erheben.

3 Jesus rief den Mann zu sich: "Komm her zu mir!"

4 Dann fragte er die Anwesenden: "Darf man am Sabbat Gutes tun oder nicht? Soll man an einem solchen Tag Leben retten oder es zugrunde gehen lassen?"Darauf wußten sie keine Antwort.

5 Zornig sah Jesus einen nach dem anderen an, tief erschüttert über ihre Hartherzigkeit. Zu dem Mann aber sagte er: "Strecke deine Hand aus!" Der Mann gehorchte, und sofort war seine Hand gesund.

6 Erregt verließen die Pharisäer die Synagoge und trafen sich mit den Freunden und Anhängern des Königs Herodes. Sie berieten miteinander, wie sie Jesus am einfachsten aus dem Weg räumen könnten.

7 Jesus zog sich mit seinen Jüngern wieder an das Ufer des Sees Genezareth zurück. Aber eine große Menschenmenge aus ganz Galiläa lief hinter ihm her. Sogar aus Judäa, Jerusalem, Idumäa, von jenseits des Jordantals und von Tyrus und Sidon waren sie gekommen, weil sie von seinen Krankenheilungen und Wundern gehört hatten.

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9 Als immer mehr Menschen dazukamen, beauftragte er seine Jünger, ein Boot bereitzuhalten, wenn ihn die Menschen zu sehr bedrängen sollten.

10 Jesus heilte viele Kranke. Darum drängten sich die Leute um ihn. Sie wollten wenigstens seine Kleider berühren, um dadurch gesund zu werden.

11 Von Dämonen Beherrschte stürzten vor ihm nieder und schrien: "Du bist der Sohn Gottes!"

12 Aber Jesus befahl ihnen zu schweigen.

13 Danach stieg Jesus auf einen Berg. Einige seiner Freunde hatte er aufgefordert, mit ihm zu kommen; und sie waren mit ihm gegangen.

14 Diese zwölf Männer erwählte er zu seinen Jüngern. Sie sollten ständig bei ihm bleiben und von ihm lernen. Er wollte sie mit dem Auftrag aussenden, die Heilsbotschaft zu predigen und Menschen von der Macht der Dämonen zu befreien.

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16 Diese zwölf Männer, die später Apostel genannt wurden, waren: Simon, dem Jesus den Namen Petrus gab;

17 Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus - Jesus nannte sie "Donnersöhne" -;

18 Andreas, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus, der Sohn des Alphäus, Thaddäus, Simon, der ehemalige Freiheitskämpfer,

19 und Judas Ischarioth, der ihn später verraten hat.

20 Als Jesus nach Hause kam, liefen gleich wieder so viele Menschen zu ihm, daß er und seine Jünger nicht einmal Zeit zum Essen hatten.

21 Als seine Angehörigen das erfuhren, wollten sie ihn unbedingt mit nach Hause nehmen. "Er hat den Verstand verloren!" sagten sie.

22 Einige der Schriftgelehrten aus Jerusalem behaupteten sogar: "Er hat sich dem Teufel verschrieben. Nur weil er vom Obersten aller Dämonen die Macht bekommen hat, kann er Dämonen austreiben."

23 Jesus aber rief die Leute zu sich und fragte sie: "Warum sollte denn ein Satan den anderen vertreiben?

24 Ein Staat wird untergehen, wenn in ihm verschiedene Herrscher um die Macht kämpfen.

25 Eine Familie, die ständig in Zank und Streit lebt, bricht auseinander.

26 Wenn sich also der Satan gegen sich selbst erhebt, hätte er keine Macht mehr. Das wäre sein Untergang.

27 Niemand kann in das Haus eines starken Mannes eindringen und ihn berauben. Erst wenn der Starke gefesselt ist, kann man ihn ausplündern.

28 Das eine will ich euch mit aller Deutlichkeit sagen: Jede Sünde und jede Gotteslästerung kann den Menschen vergeben werden.

29 Wer aber den Heiligen Geist lästert, der wird niemals Vergebung finden; seine Sünde bleibt für immer bestehen."

30 Das sagte er zu den Schriftgelehrten, weil sie behauptet hatten: "Er hat sich dem Teufel verschrieben."

31 Noch während Jesus sprach, kamen seine Mutter und seine Brüder. Aber weil so viele Menschen bei ihm waren, kamen sie nicht an ihn heran. Deshalb baten sie, Jesus auszurichten: "Deine Mutter und deine Geschwister warten draußen. Sie wollen mit dir reden!"

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33 Er gab zur Antwort: "Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?"

34 Dann sah er seine Zuhörer an und sagte: "Das sind meine Mutter und meine Geschwister:

35 Jeder, der Gottes Willen tut, ist für mich Bruder, Schwester und Mutter!"

4

1 Wieder kam eine große Menschenmenge zusammen, als Jesus am See sprach. Darum stieg er in ein Boot und redete von dort zu den Menschen am Ufer.

2 Was er ihnen von Gott zu sagen hatte, erklärte er ihnen durch Beispiele:

3 "Hört mir zu! Ein Bauer säte Getreide aus.

4 Dabei fielen ein paar Samenkörner auf den Weg. Die wurden gleich von den Vögeln aufgepickt.

5 Andere fielen auf felsigen Boden, wo die Ackerkrume nur dünn war. Dort ging die Saat zwar schnell auf;

6 aber als die Sonne heiß brannte, vertrockneten die Pflänzchen, weil ihre Wurzeln in der dünnen Erdschicht zu wenig Nahrung fanden.

7 Ein Teil des Samens fiel zwischen die Disteln, von denen die jungen Pflanzen bald überwuchert wurden, so daß sie schließlich erstickten.

8 Der übrige Same aber fiel auf fruchtbaren Boden und brachte das Dreißigfache, das Sechzigfache, ja sogar das Hundertfache an Frucht ein.

9 Hört genau auf das, was ich euch sage!"

10 Später, als Jesus mit seinen zwölf Jüngern und den anderen Begleitern allein war, fragten sie ihn: "Warum erzählst du solche Beispiele?"

11 Er antwortete: "Ihr versteht die Geheimnisse des Reiches Gottes. Den anderen erkläre ich sie durch Gleichnisse.

12 Damit erfüllt sich an ihnen das Wort des Propheten Jesaja: 'Sie sehen, aber sie erkennen nicht; sie hören, aber sie verstehen es nicht. Sonst würden sie ja zu Gott umkehren und ihre Sünde würde ihnen vergeben. "{Jesaja 6,9-10}

13 Zugleich sagte er zu seinen Jüngern: "Aber ich sehe, daß auch ihr diesen einfachen Vergleich nicht verstanden habt. Wie wollt ihr dann all die anderen begreifen?

14 Wer Gottes Wort weitergibt, ist wie der Bauer, der Samen aussät.

15 Mit dem festgetretenen Weg, auf den ein paar Körner fallen, sind die hartherzigen Menschen gemeint. Sie hören zwar Gottes Botschaft, aber dann kommt der Satan und nimmt ihnen alles wieder weg.

16 Der felsige Boden ist ein Beispiel für die Leute, die das Wort Gottes schnell und mit großer Begeisterung annehmen.

17 Aber das Wort kann nicht tief genug in ihr Leben eindringen. Sie sind hin- und hergerissen. Wenn sie wegen ihres Glaubens in Schwierigkeiten kommen oder verfolgt werden, geben sie gleich auf.

18 Der von Disteln überwucherte Boden entspricht den Menschen, die Gottes Botschaft hören und aufnehmen.

19 Aber nur allzu schnell ersticken die Sorgen des Alltags, die Verführung des Wohlstandes und die Gier nach all den Dingen dieses Lebens Gottes Botschaft in ihrem Herzen, so daß keine Frucht wachsen kann.

20 Aber es gibt auch fruchtbaren Boden: Menschen, die Gottes Wort hören und in ihr Leben aufnehmen, so daß es Frucht bringt, dreißigfach, sechzigfach oder hundertfach."

21 Dann fragte Jesus die Zuhörer: "Zündet man etwa eine Lampe an, um sie dann unter einen Eimer oder eine Bank zu stellen? Im Gegenteil! Eine brennende Lampe stellt man so auf, daß sie den ganzen Raum erhellt. Nur so erfüllt sie ihren Zweck.

22 Alles, was jetzt noch verborgen ist, wird einmal ans Licht kommen, und was jetzt noch ein Geheimnis ist, wird jeder verstehen.

23 Denkt genau darüber nach, was ich euch gesagt habe,

24 und richtet euch danach! ins steht fest: Mit dem Maßstab, den ihr an andere anlegt, werdet ihr selbst gemessen werden. Von euch wird man sogar noch mehr erwarten.

25 Denn wer viel hat, der bekommt noch mehr dazu. Wer meine Botschaft versteht, der wird einmal alles begreifen. Wer sie aber nicht versteht, dem wird noch die geringe Kenntnis, die er zu besitzen meint, verlorengehen."{Wörtlich: Denn wer hat, dem wird gegeben werden. Wer aber nicht hat, dem wird auch das, was er hat, genommen werden.}

26 "Mit dem Reich Gottes ist es wie mit dem Samen, den ein Bauer auf sein Feld sät", erklärte Jesus weiter.

27 "Nach der Arbeit geht er nach Hause, schläft, steht wieder auf, und das tagaus, tagein. Im Laufe der Zeit wächst die Saat ohne sein Zutun heran.

28 Denn die Erde läßt die Frucht aufgehen und wachsen. Zuerst kommt der Halm, dann die Ähre und endlich als Frucht die Körner.

29 Wenn aus dem Samen das reife Getreide geworden ist, wird es gemäht, denn die Erntezeit ist da."

30 Schließlich fragte Jesus: "Womit sollen wir das Reich Gottes noch vergleichen? Welches Bild könnte euch helfen, es zu verstehen?

31 Ich möchte das Reich Gottes mit einem Senfkorn vergleichen. Das ist ein winziges Samenkorn.

32 Wenn es aber in den Boden gesät wird, wächst es schnell heran und wird größer als andere Sträucher. Es bekommt starke Zweige, in denen die Vögel sogar ihre Nester bauen können."

33 Jesus benutzte sehr oft Beispiele, damit die Menschen seine Botschaft besser verstehen konnten.

34 In der Öffentlichkeit gebrauchte er immer solche Gleichnisse. Wenn er aber später mit seinen Jüngern allein war, erklärte er ihnen die Bedeutung dieser Bilder.

35 Am Abend dieses Tages sagte Jesus zu seinen Jüngern: "Kommt, wir wollen ans andere Ufer übersetzen!"

36 Sie schickten die Menschen weg und ruderten mit dem Boot, in dem Jesus saß, auf den See hinaus. Einige andere Boote folgten ihnen.

37 Da brach ein gewaltiger Sturm los. Hohe Wellen schlugen ins Boot, es lief voll Wasser und drohte zu sinken.

38 Jesus aber schlief hinten im Boot auf einem Kissen. Da rüttelten ihn die Jünger wach und schrien voller Angst: "Herr, wir gehen unter! Merkst du das nicht?"

39 Sofort stand Jesus auf, bedrohte den Wind und rief in das Toben der See: "Sei still! Schweige!" Da legte sich der Sturm, und tiefe Stille breitete sich aus.

40 "Warum hattet ihr solche Angst?" fragte Jesus seine Jünger, "habt ihr denn gar kein Vertrauen zu mir?"

41 Voller Entsetzen flüsterten die Jünger einander zu: "Was ist das für ein Mann! Selbst Wind und Wellen gehorchen ihm!"

5

1 Als sie auf der anderen Seite des Sees die Gegend um Gadara erreichten

2 und Jesus aus dem Boot stieg, lief ihnen ein Mann entgegen.

3 Dieser Mensch wurde von Dämonen beherrscht und lebte in Grabhöhlen. Er war so wild, daß er nicht einmal mit Ketten gebändigt werden konnte.

4 Sooft man ihn auch fesselte und in Ketten legte, jedesmal riß er sich wieder los. Niemand wagte sich in seine Nähe.

5 Tag und Nacht hielt er sich in den Grabhöhlen auf oder irrte in den Bergen umher. Dabei tobte er und schlug mit Steinen auf sich ein.

6 Kaum hatte er Jesus gesehen, warf er sich vor ihm nieder, und es schrie laut aus ihm:

7 "Was willst du von mir, Jesus, du Sohn Gottes? Ich beschwöre dich beim Allerhöchsten, quäle mich nicht!"

8 Jesus hatte nämlich dem Dämon befohlen: "Verlaß dein Opfer, du teuflischer Geist!"

9 Da fragte ihn Jesus: "Wie heißt du?" Der Dämon antwortete: "Mein Name ist Legion, denn nicht nur ich, sondern viele von uns beherrschen diesen Menschen."

10 Immer wieder bat er Jesus: "Vertreibe uns nicht aus dieser Gegend!"

11 Nicht weit entfernt an einem Abhang wurde gerade eine große Herde Schweine gehütet.

12 "Laß uns in diese Schweine fahren", bettelten die Dämonen.

13 Jesus erlaubte es ihnen. Jetzt ließen die bösen Geister den Mann frei und bemächtigten sich der Schweine, die den Abhang hinunter in den See stürzten. Und alle zweitausend Tiere ertranken.

14 Verstört liefen die Hirten in die Stadt und berichteten überall, was geschehen war. Viele kamen nun am See zusammen, um sich selbst zu überzeugen.

15 Sie sahen den Mann, den die vielen Dämonen gequält hatten. Er war gekleidet wie jeder andere und saß ganz ruhig neben Jesus. Da wurde ihnen unheimlich zumute.

16 Die Leute aber, die alles mitangesehen hatten, erzählten, wie der Besessene geheilt wurde und was mit den Schweinen geschehen war.

17 Daraufhin baten die Leute Jesus, er möge ihre Gegend wieder verlassen.

18 Jesus wollte gerade in das Boot steigen, als ihn der Geheilte bat: "Ich möchte gern bei dir bleiben."

19 Aber Jesus erlaubte es ihm nicht. Er sagte: "Geh nach Hause zu deiner Familie und berichte, welch großes Wunder Gott an dir getan hat und wie barmherzig er zu dir gewesen ist!"

20 Da wanderte der Mann durch das Gebiet der Zehn Städte und erzählte jedem, was für ein Wunder Jesus an ihm getan hatte. Und alle staunten.

21 Kaum war Jesus ans andere Ufer zurückgekehrt, als sich am Strand wieder eine große Menschenmenge um ihn versammelte.

22 Da kam Jairus, ein Vorsteher der jüdischen Gemeinde, und warf sich vor Jesus nieder.

23 Er bat ihn verzweifelt: "Meine Tochter liegt im Sterben. Komm und lege ihr die Hände auf, damit sie wieder gesund wird!"

24 Jesus ging mit Jairus, gefolgt von einer dichten Menschenmenge.

25 In der Menge war auch eine Frau, die seit zwölf Jahren an starken Blutungen litt.

26 Sie hatte sich schon von vielen Ärzten behandeln lassen und dabei ihr ganzes Vermögen ausgegeben. Aber niemand konnte ihr helfen. Ihr Leiden war eher schlimmer geworden.

27 Dann hatte sie davon gehört, daß Jesus Kranke heilt. Deshalb drängte sie sich durch die Menge an Jesus heran und berührte von hinten seinen Mantel.

28 Dabei dachte sie: "Wenn ich wenigstens seine Kleider berühren kann, werde ich bestimmt gesund."

29 Und tatsächlich: Sie merkte sofort, daß sie von ihrem Leiden befreit war. Die Blutung hörte auf.

30 Aber auch Jesus spürte, daß heilende Kraft von ihm ausgegangen war. Deshalb drehte er sich um und fragte: "Wer hat mich angefaßt?"

31 Seine Jünger antworteten: "Die Leute bedrängen dich von allen Seiten, und da fragst du, wer dich angefaßt hat?"

32 Aber Jesus sahdie Frau an, die ihn berührt hatte.

33 Die war erschrocken und zitterte am ganzen Leib, denn sie wußte ja, was an ihr geschehen war. Sie fiel vor ihm nieder und sagte ihm alles.

34 Jesus sprach zu ihr: "Meine Tochter, weil du so fest an mich geglaubt hast, bist du gesund geworden. Gehe in Frieden. Du bist geheilt."

35 Noch während er mit der Frau redete, kamen einige Leute aus dem Haus des Jairus gelaufen und riefen: "Deine Tochter ist tot. Es hat keinen Zweck mehr, den Meister zu holen."

36 Jesus hörte das und sagte zu Jairus: "Verzweifle nicht! Verlaß dich ganz und gar auf mich!"

37 Er wies die Menschen zurück, die ihm folgen wollten. Nur Petrus, Jakobus und Johannes durften ihn begleiten.

38 Als sie im Hause des Jairus ankamen, sah Jesus die vielen Menschen und hörte ihr Weinen und Jammern.

39 "Weshalb macht ihr solchen Lärm?" fragte er sie. "Warum weint ihr? Das Kind ist nicht tot, es schläft nur."

40 Das fanden die Leute so unsinnig, daß sie spöttisch lachten. Er schickte sie alle weg; nur die Eltern und seine drei Jünger gingen mit zum Bett des Mädchens.

41 Dann faßte er die Tochter des Jairus bei der Hand und sagte: "Steh auf, mein Kind!"

42 Da stand das zwölfjährige Mädchen auf und lief im Zimmer umher. Ihre Eltern waren fassungslos. Sie wußten nicht, was sie sagen sollten.

43 Jesus verbot ihnen aber nachdrücklich, anderen davon zu erzählen. "Und nun gebt dem Kind etwas zu essen!" sagte er.

6

1 Bald darauf verließ Jesus diese Gegend und kehrte mit den Jüngern in seinen Heimatort Nazareth zurück.

2 Am Sabbat ging er in die Synagoge, um dort zu lehren. Die Leute, die ihm zuhörten, staunten über ihn und fragten sich: "Wie ist so etwas nur möglich? Woher hat er diese Weisheit? Wer gibt ihm die Macht für solche Taten?

3 Er ist doch der Zimmermann, Marias Sohn. Wir kennen seine Brüder Jakobus, Joses, Judas und Simon. Und auch seine Schwestern wohnen bei uns. Alle sind Leute wie wir." Sie ärgerten sich über ihn.

4 Da sagte Jesus: "Nirgendwo gilt ein Prophet weniger als in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner eigenen Familie."

5 Weil die Menschen in Nazareth nicht an Jesus glaubten, konnte er dort nur wenigen Kranken helfen. Ihnen legte er die Hände auf, und sie wurden gesund.

6 Er wunderte sich, daß ihn die meisten in ihrem Unglauben ablehnten. Darum ging er in andere Dörfer und sprach dort überall zu den Menschen.

7 Jesus rief seine zwölf Jünger zu sich. Jeweils zu zweit sollten sie in seinem Auftrag durch das ganze Land ziehen. Er gab ihnen die Vollmacht, böse Geister auszutreiben.

8 Jesus befahl ihnen, nichts als ihren Wanderstock mit auf den Weg zu nehmen. Sie sollten ganz von Gott abhängig sein, keine Reiseverpflegung, keine Tasche und kein Geld bei sich haben.

9 Nur Sandalen durften sie tragen, aber selbst auf Kleider zum Wechseln mußten sie verzichten.

10 "Wenn ihr in ein Haus kommt", fügte er hinzu, "dann bleibt in diesem Haus, bis ihr weiterzieht.

11 Will man euch irgendwo nicht aufnehmen und eure Botschaft nicht hören, so geht weiter und kümmert euch nicht mehr um diese Leute. Sie müssen ihr Verhalten einmal selbst verantworten."

12 Dann zogen die Jünger los und forderten die Menschen auf: "Ändert euch von Grund auf! Kehrt um zu Gott!"

13 Sie befreiten Menschen, die von bösen Geistern beherrscht waren, und salbten viele Kranke mit Öl.{Als Zeichen dafür, daß sie in Gottes Auftrag handelten.} Und die Kranken wurden gesund.

14 Überall sprach man von Jesus und dem, was er tat. Auch König Herodes hörte davon. Man sagte ihm: "Johannes der Täufer ist von den Toten auferstanden. Deshalb kann er solche Wunder tun."

15 Andere meinten: "Er ist der Prophet Elia." Wieder andere behaupteten: "Er ist ein Prophet, wie Gott sie schon früher geschickt hat."

16 Aber Herodes hatte Angst, weil er dachte: "Es ist Johannes, den ich enthaupten ließ. Er ist wieder lebendig geworden."

17 Herodes hatte Johannes nämlich verhaften und im Gefängnis in Ketten legen lassen, weil es seine Frau Herodias so wollte. Sie war eigentlich die Frau seines Bruders Philippus.

18 Johannes hatte dem König vorgeworfen: "Du hattest nicht das Recht, die Frau deines Bruders zu heiraten!"

19 Darum haßte ihn Herodias. Sie wollte Johannes umbringen lassen, aber Herodes war dagegen.

20 Er fürchtete sich nämlich vor Johannes, weil er wußte, daß der ein frommer und heiliger Mann war. Er hatte zwar Johannes ins Gefängnis sperren lassen, aber er hörte ihm doch gern zu, auch wenn ihn dessen Worte sehr beunruhigten.

21 Endlich aber kam die Stunde der Herodias. Herodes hatte zu seinem Geburtstag seine Hofleute, Offiziere und die führenden Persönlichkeiten von Galiläa eingeladen.

22 Bei diesem Festessen tanzte die Tochter der Herodias. Herodes und seine Gäste waren begeistert. Der König versprach ihr deshalb: "Bitte mich, um was du willst; ich will es dir geben.

23 Ich schwöre, dir alles zu geben, was du willst, und wenn es die Hälfte meines Königreiches wäre."

24 Sie ging zu ihrer Mutter: "Was soll ich mir denn vom König wünschen?" "Verlange von ihm, daß er Johannes den Täufer enthaupten läßt!" antwortete die Mutter.

25 Darauf sagte die Tochter zu Herodes: "Ich will, daß du mir sofort den Kopf von Johannes dem Täufer auf einer Schale bringen läßt!"

26 Der König war bestürzt. Aber weil er sein Versprechen vor allen Gästen gegeben hatte und sich vor ihnen nicht bloßstellen wollte, konnte er die Bitte nicht abschlagen.

27 So befahl er, Johannes töten zu lassen. Der Henker enthauptete Johannes

28 und brachte auf einem Teller das Haupt des Toten. Das Mädchen gab ihn seiner Mutter.

29 Als die Jünger des Johannes davon erfuhren, holten sie den Leichnam und begruben ihn.

30 Nach ihrer Rückkehr erzählten die von Jesus ausgesandten Jünger alles, was sie auf ihrer Reise getan und den Menschen verkündet hatten.

31 "Geht jetzt an einen einsamen, stillen Platz!" sagte Jesus zu ihnen. "Ihr habt Ruhe nötig!" Es waren nämlich so viele Menschen bei ihnen, daß sie nicht einmal Zeit zum Essen fanden.

32 Deshalb fuhren sie mit dem Boot an eine einsame Stelle.

33 Aber das hatten viele Leute beobachtet. Aus allen Dörfern liefen sie dorthin. Sie beeilten sich so sehr, daß sie noch vor Jesus und seinen Jüngern da waren.

34 Als Jesus aus dem Boot stieg und die vielen Menschen sah, schickte er sie nicht weg, weil er Mitleid mit ihnen hatte; sie waren wie eine Schafherde ohne ihren Hirten. Deshalb nahm er sich viel Zeit, ihnen Gottes Botschaft zu erklären.

35 Gegen Abend kamen seine Jünger zu ihm und sagten: "Es wird bald dunkel. Schick doch die Leute weg, damit sie in die Dörfer oder auf die Höfe in der Umgebung gehen und sich etwas zu essen kaufen."

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37 Aber Jesus forderte sie auf: "Gebt ihr ihnen doch zu essen!" "Was sollen wir ihnen denn geben?" fragten die Jünger verwundert. "Außerdem würde es ein Vermögen{Wörtlich: zweihundert Denare.} kosten, sie alle zu verpflegen."

38 "Wieviel Brot habt ihr denn bei euch?" erkundigte sich Jesus. "Seht einmal nach!" Kurz darauf kamen sie zurück und berichteten: "Fünf Brote und zwei Fische haben wir!"

39 Da ordnete Jesus an, daß sich die Leute in Gruppen auf dem Gras lagern sollten.

40 So bildeten sie Gruppen von fünfzig bis zu hundert Personen.

41 Jetzt nahm Jesus die fünf Brote und die beiden Fische, sah auf zum Himmel und dankte Gott dafür. Er teilte das Brot, und die Jünger gaben jedem davon. Ebenso ließ er auch die Fische verteilen.

42 Alle aßen sich satt,

43 und dann sammelten die Jünger noch zwölf Körbe mit Resten ein.

44 An der Mahlzeit hatten etwa fünftausend Männer teilgenommen.

45 Gleich danach befahl Jesus seinen Jüngern, in ihr Boot zu steigen und über den See nach Bethsaida zu fahren. Er selbst blieb zurück, um die Leute zu verabschieden.

46 Endlich war Jesus allein. Er ging auf einen Berg, um zu beten.

47 Als es Nacht wurde, waren die Jünger noch weit draußen auf dem See.

48 Jesus sah, daß sie kaum noch das Boot steuern konnten, weil sie gegen einen schweren Sturm anzukämpfen hatten. Gegen vier Uhr morgens kam er auf dem Wasser zu ihnen. Er wollte an ihnen vorbeigehen.

49 Als die Jünger ihn auf dem Wasser gehen sahen, schrien sie vor Entsetzen, denn sie hielten ihn für ein Gespenst.

50 Alle sahen ihn und waren zu Tode erschrocken. ber er sprach sie an: "Habt keine Angst! Ich bin es doch! Fürchtet euch nicht!"

51 Er stieg zu ihnen ins Boot, und gleich legte sich der Sturm. ie Jünger aber waren fassungslos und wußten nicht, was sie sagen sollten.

52 Selbst nach dem Wunder mit den Broten hatten sie noch immer nicht begriffen, wer Jesus eigentlich war. Es war ihnen einfach ein Rätsel.{Wörtlich: Ihr Herz war verhärtet.}

53 Nach ihrer Überfahrt kamen sie in Genezareth an.

54 Als sie das Boot verließen, erkannten die Leute Jesus sofort.

55 Von überall holten sie die Kranken, um sie auf ihren Tragen dahin zu bringen, wo sie Jesus gerade vermuteten.

56 Wohin er auch immer kam, ob in Dörfer, Städte oder auf Bauernhöfe, überall trug man die Kranken auf die Plätze und Straßen. Die Kranken baten Jesus, wenigstens ein Stück seiner Kleidung berühren zu dürfen. Alle, die das taten, wurden gesund.chapter7/chapter

7

1 Eines Tages kamen Pharisäer und Schriftgelehrte aus Jerusalem zu Jesus.

2 Dabei entdeckten sie, daß einige seiner Jünger die jüdischen Speisevorschriften nicht beachteten.

3 Die Pharisäer und alle Juden essen nämlich erst dann, wenn sie sich die Hände so gewaschen haben, wie es ihren überlieferten Satzungen entspricht.

4 Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie erst, nachdem sie sich nach bestimmten Vorschriften gewaschen haben. Es gibt noch viele solcher Vorschriften, die sie streng beachten, zum Beispiel bei der Reinigung von Trinkbechern, Krügen und Töpfen.

5 Deshalb also fragten die Pharisäer und Schriftgelehrten Jesus: "Warum beachten deine Leute unsere alten Vorschriften nicht und essen mit ungewaschenen Händen?"

6 Jesus antwortete: "Wie recht hat Jesaja, wenn er von euch Heuchlern schreibt: 'Diese Leute können schön über Gott reden, aber mit dem Herzen sind sie nicht dabei. Es ist alles nur Geschwätz.

7 Ihre Gottesdienste sind wertlos, weil sie ihre menschlichen Gesetze als Gebote Gottes ausgeben.{Jesaja 29,13}

8 Aber Gottes Gebote beachtet ihr nicht, sondern ersetzt sie durch eure Vorschriften.

9 Dabei geht ihr sehr geschickt vor.

10 So hat euch Mose von Gott das Gebot gegeben: 'Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren! Und Gott fügte noch hinzu: 'Wer seinen Vater oder seine Mutter verachtet, der soll sterben!{2. Mose 20,12; 21,17}

11 Ihr aber behauptet nun: 'Wenn jemand zu seinem hilfsbedürftigen Vater oder zu seiner Mutter sagt, daß er ihnen nicht helfen kann, weil er sein Vermögen dem Tempel vermacht hat, dann hat er nicht gegen Gottes Gebot verstoßen.

12 In Wirklichkeit habt ihr damit aber nur erreicht, daß niemand mehr seinem Vater oder seiner Mutter helfen kann.

13 Ihr setzt also durch eure eigenen Vorschriften das ausdrückliche Gebot Gottes außer Kraft.{Jesaja 29,13; Jeremia 8,8} Aber das ist nur ein Beispiel für viele."

14 Dann rief Jesus die Menschen wieder zu sich. "Hört alle ganz genau zu und merkt euch das, was ich euch jetzt sage:

15 Nicht, was ein Mensch ißt, macht ihn unrein, sondern das, was er denkt und redet oder wie er handelt; das kann ihn von Gott trennen.

16 Es lohnt sich für euch, wenn ihr darüber nachdenkt."

17 Danach ging Jesus in ein Haus und war mit seinen Jüngern allein. Hier fragten sie ihn, was er mit dieser Rede eigentlich hatte sagen wollen.

18 "Versteht ihr das denn auch nicht?" erwiderte Jesus. "Wißt ihr nicht, daß alles, was ein Mensch ißt, ihn nicht verunreinigen kann?

19 Denn was ihr eßt, hat nichts mit euerm Verhältnis zu Gott zu tun; das Essen kommt in den Magen und wird dann wieder ausgeschieden." Damit wollte Jesus sagen, daß im Grunde jede Nahrung 'rein' ist.

20 Und er fügte noch hinzu: "Was aus dem Inneren des Menschen kommt, seine Gedanken, Worte und Taten, die lassen ihn unrein werden.

21 Denn aus dem Inneren, aus dem Herzen der Menschen, kommen all die bösen Gedanken wie: Unzucht, Diebstahl, Mord,

22 Ehebruch, Habsucht, Bosheit, Betrügerei, Begehrlichkeit, Neid, Verleumdung, Überheblichkeit und Leichtsinn.

23 Dies kommt von innen heraus, und das ist es auch, was die Menschen von Gott trennt."

24 Jesus zog nun mit seinen Jüngern in die Nähe der Hafenstadt Tyrus. Er wollte unerkannt bleiben, aber es sprach sich schnell herum, daß er gekommen war.

25 Davon hatte auch eine Frau gehört, deren Tochter von einem bösen Geist beherrscht wurde. Sie kam zu Jesus, warf sich vor ihm nieder

26 und bat ihn, ihr Kind aus der Gewalt der Dämonen zu befreien. Die Frau war keine Jüdin; sie wohnte in Phönizien.

27 Jesus antwortete ihr: "Zuerst müssen die Kinder versorgt werden, das Volk Israel. Es ist nicht richtig, wenn man den Kindern das Brot wegnimmt und es den Hunden vorwirft."

28 Darauf antwortete sie: "Ja, Herr, aber die kleinen Hunde bekommen doch auch die Krümel, die den Kindern vom Tisch fallen."

29 "Du hast recht", antwortete Jesus, "ich will deiner Tochter helfen. Geh nach Hause! Der böse Geist hat dein Kind bereits verlassen."

30 Und tatsächlich: Als die Frau nach Hause kam, lag ihre Tochter friedlich im Bett. Der Dämon hatte keine Macht mehr über sie.

31 Von Tyrus aus ging Jesus in die Stadt Sidon und von dort wieder an den See von Galiläa in das Gebiet der Zehn Städte.

32 Dort wurde ein Taubstummer zu ihm gebracht, damit er dem Mann die Hände auflegen und ihn heilen sollte.

33 Jesus führte den Kranken von der Menschenmenge weg. Er legte seine Finger in die Ohren des Mannes, berührte dessen Zunge mit Speichel,

34 sah auf zum Himmel, seufzte und sprach: "Öffne dich!"

35 Im selben Augenblick konnte der Taubstumme hören und sprechen.

36 Jesus verbot den Leuten, darüber zu reden. Aber je mehr er den Menschen einschärfte, nichts über diese Ereignisse zu berichten, um so schneller wurden sie bekannt.

37 Denn für die Leute war es unfaßbar, was sie gesehen hatten. "Es ist einfach großartig, was er tut!" erzählten sie überall. "Selbst Taube können wieder hören und Stumme sprechen!"

8

1 In diesen Tagen war wieder einmal eine große Menschenmenge versammelt. Schließlich hatten die Leute nichts mehr zu essen. Jesus rief seine Jünger zu sich und sagte:

2 "Die Leute tun mir leid, sie sind schon drei Tage hier und haben nichts mehr zu essen.

3 Ich kann sie doch nicht hungrig fortschicken. Viele würden den weiten Weg nach Hause nicht schaffen."

4 "Aber woher sollen wir hier in dieser Einöde genügend Brot bekommen, damit sie alle satt werden?" fragten die Jünger ratlos.

5 "Wie viele Brote habt ihr denn?" wollte Jesus wissen. Sie antworteten: "Sieben!"

6 Jetzt forderte Jesus die Leute auf, sich hinzusetzen. Er nahm die sieben Brote, dankte Gott dafür, teilte sie, und die Jünger gaben jedem etwas.

7 Sie hatten auch noch einige kleine Fische bei sich. Wieder dankte Jesus Gott dafür und ließ dann die Fische verteilen.

8 Nachdem sie alle satt waren, wurden die Reste eingesammelt: sieben Körbe voll.

9 Etwa viertausend Menschen hatten sich sattgegessen. Danach gingen sie alle in ihre Heimatorte zurück.

10 Jesus selbst stieg mit seinen Jüngern in ein Boot und kam in die Gegend von Dalmanutha.

11 Hier wollten einige Pharisäer mit Jesus diskutieren und ihm gleichzeitig eine Falle stellen. Sie verlangten nämlich von ihm ein eindeutiges Zeichen. Damit sollte er seinen göttlichen Auftrag beweisen.

12 Zornig entgegnete er ihnen: "Wie viele Beweise wollt ihr denn noch haben? Eins steht fest: Leute wie ihr werden von Gott kein Zeichen zu sehen bekommen."

13 So ließ er sie stehen, stieg wieder in das Boot und fuhr ans andere Seeufer.

14 Seine Jünger hatten vergessen, Brot mitzunehmen, so daß für alle nur ein Brot da war.

15 Während sie über den See fuhren, warnte Jesus seine Jünger: "Hütet euch vor dem Sauerteig des Herodes und der Pharisäer!"

16 Sie überlegten, was er wohl damit meinte: "Das sagt er bestimmt, weil wir das Brot vergessen haben."

17 Jesus merkte, worüber sie sprachen, und fragte traurig: "Weshalb macht ihr euch gleich Sorgen, wenn ihr einmal nicht genug zu essen habt? Werdet ihr denn nie verstehen, was ich meine? Könnt ihr gar nichts begreifen? Ist euer Herz denn noch immer so hart und unempfänglich?

18 Ihr habt doch Augen. Warum seht ihr nicht? Und ihr habt Ohren. Warum hört ihr nicht?

19 Habt ihr vergessen, daß ich fünftausend Menschen mit fünf Broten gesättigt habe? Wieviel Körbe habt ihr mit Resten gefüllt?" Sie antworteten: "Zwölf!"

20 "Oder denkt an die sieben Brote, die ich an viertausend Menschen verteilt habe! Wieviel blieb damals übrig?" Sie antworteten: "Sieben Körbe voll!"

21 "Und da habt ihr immer noch nichts begriffen?" fragte sie Jesus.

22 In Bethsaida brachten die Leute einen Blinden zu Jesus. Sie baten ihn, den Mann zu heilen.

23 Jesus nahm den Blinden bei der Hand und führte ihn zum Dorf hinaus. Dann strich er etwas Speichel auf seine Augen, legte ihm die Hände auf und fragte: "Kannst du etwas sehen?"

24 Der Mann blickte auf. "Ja", sagte er, "ich sehe Menschen herumlaufen. Aber ich kann sie nicht klar erkennen. Es könnten genausogut Bäume sein."

25 Da legte Jesus ihm noch einmal die Hände auf die Augen. Jetzt sah der Mann deutlich; alles konnte er genau erkennen. Er war geheilt.

26 Aber Jesus befahl ihm: "Geh nicht erst in das Dorf zurück, sondern gehe gleich nach Hause!"

27 Jesus und seine Jünger kamen nun in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Auf dem Weg dorthin fragte er seine Jünger: "Für wen halten mich die Leute eigentlich? Was sagen sie von mir?"

28 "Einige meinen, du bist Johannes der Täufer. Andere halten dich für Elia oder für einen der Propheten", antworteten die Jünger.

29 "Und für wen haltet ihr mich?" Da rief Petrus: "Du bist Christus, der verheißene Retter!"

30 Aber Jesus verbot ihnen, das irgendeinem Menschen weiterzusagen.

31 An diesem Tag sprach Jesus zum ersten Mal von seinem Tod: "Der Menschensohn muß viel leiden. Die Führer des Volkes, die Hohenpriester und die Schriftgelehrten werden ihn verurteilen und töten. Aber nach drei Tagen wird er von den Toten auferstehen."

32 So offen sprach Jesus mit seinen Jüngern. a nahm ihn Petrus beiseite, um ihn von diesen Gedanken abzubringen.

33 "Weg mit dir, Satan!" erwiderte Jesus, so daß alle Jünger es hören konnten. "So wie du denken alle Menschen, die Gottes Gedanken nicht begreifen."

34 "Hört her!" rief Jesus seinen Jüngern und den Menschen zu, die bei ihm waren. "Wer mir nachfolgen will, der darf nicht mehr an sich selbst denken, sondern muß sein Kreuz willig auf sich nehmen und mir nachfolgen.

35 Wer sein Leben um jeden Preis erhalten will, der wird es verlieren. Wer aber sein Leben für mich einsetzt, der wird es für immer gewinnen.

36 Denn was gewinnt ein Mensch, selbst wenn ihm die ganze Welt zufällt, er aber das ewige Leben dabei verliert?

37 Gibt es denn etwas, mit dem man sich das ewige Leben erkaufen kann?{Wörtlich: Was könnte ein Mensch als Lösegeld für sein Leben geben?}

38 Wer sich hier vor den gottlosen Menschen schämt, sich zu mir und meiner Botschaft zu bekennen, den wird auch der Menschensohn nicht kennen, wenn er mit den heiligen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters wiederkommen wird."

9

1 Dann sagte Jesus zu seinen Zuhörern: "Das sage ich euch: Einige von euch werden erleben, wie die Herrschaft Gottes in ihrer ganzen Macht sichtbar wird."

2 Sechs Tage später ging Jesus nur mit Petrus, Jakobus und Johannes auf den Gipfel eines hohen Berges. Da wurde Jesus vor ihren Augen verwandelt.

3 Seine Kleider strahlten so glänzend hell, wie nichts auf dieser Erde leuchten könnte.

4 Dann erschienen Elia und Mose und redeten mit Jesus.

5 Begeistert rief Petrus: "Meister, hier gefällt es uns! Wir wollen gleich drei Hütten bauen, für dich, für Mose und für Elia."

6 Er wußte aber gar nicht, was er sagte, denn die drei Jünger waren völlig verwirrt.

7 Da fiel der Schatten einer Wolke über sie, und aus der Wolke hörten sie eine Stimme: "Dies ist mein lieber Sohn! Auf ihn sollt ihr hören!"

8 Als sich die Jünger umsahen, waren sie plötzlich mit Jesus allein.

9 Während sie den Berg hinabstiegen, befahl ihnen Jesus: "Erzählt keinem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist!"

10 So behielten sie es für sich. Aber als sie allein waren, sprachen sie darüber, was Jesus wohl damit meinte, "von den Toten auferstehen".

11 Deshalb fragten sie Jesus: "Die Schriftgelehrten behaupten doch, daß zuerst Elia kommen muß."

12 Jesus antwortete ihnen: "Sie haben recht. Zuerst kommt Elia, um alles vorzubereiten. Und doch heißt es in der Heiligen Schrift vom Menschensohn, daß er viel leiden muß und von allen verachtet wird.

13 Das aber will ich euch sagen: Elia ist schon gekommen. Sie haben mit ihm gemacht, was sie wollten. Genau das steht schon in der Schrift."

14 Bei ihrer Rückkehr fanden sie die anderen Jünger zusammen mit einigen Schriftgelehrten mitten in einer großen Volksmenge. Die Schriftgelehrten hatten die Jünger in ein Streitgespräch verwickelt.

15 Als die Leute Jesus sahen, liefen sie ihm aufgeregt entgegen und begrüßten ihn.

16 "Worüber streitet ihr euch denn?" fragte er sie.

17 Einer aus der Menge antwortete: "Herr, ich habe meinen Sohn hergebracht, damit du ihn heilst, denn er kann nicht sprechen, weil er von einem bösen Geist beherrscht wird.

18 Wenn dieser Geist Gewalt über ihn gewinnt, wirft er ihn zu Boden. Hilflos wälzt er sich dann auf der Erde, Schaum tritt ihm vor den Mund, er knirscht mit den Zähnen und bleibt schließlich bewußtlos liegen. Ich habe schon deine Jünger angefleht, den bösen Geist auszutreiben; aber sie konnten es nicht."

19 "Wann wollt ihr endlich anfangen zu glauben?" rief Jesus. "Wie lange muß ich noch bei euch sein, bis ihr das gelernt habt? Bringt das Kind her zu mir!"

20 Sie brachten es. Als aber der böse Geist Jesus erkannte, schüttelte er den Jungen mit fürchterlichen Krämpfen. Der stürzte zu Boden, wälzte sich hin und her, und der Schaum stand ihm vor dem Mund.

21 "Wie lange leidet er schon darunter?" fragte Jesus den Vater. "Von Kindheit an.

22 Schon oft hat ihn der böse Geist in ein Feuer oder ins Wasser geworfen, um ihn umzubringen. Habe doch Erbarmen mit uns! Hilf uns, wenn du kannst!"

23 "Wenn ich kann?" meinte Jesus verwundert. "Alles ist möglich, wenn du mir vertraust."

24 Verzweifelt bat ihn der Mann: "Ich will dir ja vertrauen. Aber hilf mir doch, daß ich es kann!"

25 Als Jesus sah, daß die Menschenmenge immer größer wurde, bedrohte er den bösen Geist, der das taubstumme Kind quälte: "Ich befehle dir, verlaß dieses Kind und kehre nie wieder zu ihm zurück."

26 Da stieß der Dämon einenfurchtbaren Schrei aus, zerrte den Jungen hin und her und verließ ihn. Der Junge lag regungslos da, so daß die meisten sagten: "Er ist tot!"

27 Aber Jesus nahm seine Hand und half ihm aufzustehen.

28 Als Jesus mit seinen Jüngern ins Haus gegangen war, fragten sie ihn: "Weshalb konnten wir diesen Dämon nicht austreiben?"

29 Jesus antwortete: "Das könnt ihr nur durch Beten und Fasten."

30 Jesus verließ mit seinen Jüngern diese Gegend und zog durch Galiläa. Weil er seinen Jüngern noch viel zu sagen hatte, wollte er mit ihnen allein bleiben.

31 "Der Menschensohn wird bald in der Gewalt der Menschen sein", sagte Jesus, um sie auf die kommenden Ereignisse vorzubereiten. "Sie werden ihn töten. Aber wenn sie ihn umgebracht haben, wird er nach drei Tagen wieder auferstehen."

32 Die Jünger verstanden nichts von dem, was er sagte, aber sie wagten auch nicht, ihn zu fragen.

33 Sie kamen nach Kapernaum. Als sie im Hause waren, fragte Jesus die Jünger: "Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?"

34 Doch sie schwiegen verlegen; denn sie hatten sich darüber gestritten, welcher von ihnen wichtiger sei als alle anderen.

35 Jesus setzte sich, rief die zwölf Jünger zu sich und sagte: "Wer der Erste sein will, der soll sich allen anderen unterordnen und ihnen dienen."

36 Er rief ein kleines Kind, stellte es in die Mitte und umarmte es. Dann sagte er:

37 "Wer ein solches Kind mir zuliebe aufnimmt, der nimmt mich auf. Und wer mich aufnimmt, der nimmt damit Gott selbst auf, weil Gott mich gesandt hat."

38 Johannes sagte zu Jesus: "Herr, wir haben einen Mann getroffen, der in deinem Namen Dämonen austrieb. Aber wir haben es ihm verboten, weil er ja gar nicht mit uns geht."

39 "Das hättet ihr nicht tun sollen!" erwiderte Jesus. "Wer in meinem Namen große Taten vollbringt, wird nicht gleichzeitig gegen mich arbeiten.

40 Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.

41 Erfrischt euch ein Mensch mit einem Schluck Wasser, weil ihr zu Christus gehört, so wird er seinen Lohn erhalten. Darauf könnt ihr euch verlassen!"

42 "Wer in einem Menschen den festen Glauben, wie ihn ein Kind hat, zerstört, für den wäre es noch das beste, ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer zu werfen.

43 Wenn deine Hand dich zum Bösen verführt, dann hack sie ab! Es ist besser, du gehst verstümmelt in das ewige Leben als mit beiden Händen in das unauslöschliche Feuer der Hölle.

44

45 Verführt dich dein Fuß dazu, böse Wege zu gehen, dann hack ihn ab! Es ist besser für dich, mit kranken Füßen zum ewigen Leben zu kommen, als mit gesunden Füßen geradewegs in die Hölle zu marschieren.

46

47 Wenn dich dein Auge zur Sünde verführt, dann reiß es heraus. Es ist viel besser, einäugig in Gottes Reich zu gelangen, als mit zwei gesunden Augen schließlich ins Feuer der Hölle geworfen zu werden.

48 Dort wird die Qual nicht enden und das Feuer nicht verlöschen.

49 Niemand kann sich der Feuerprobe Gottes entziehen. So, wie man die Tiere im Tempel mit Salz für das Opfer vorbereitet, so sollt auch ihr euch vorbereiten.

50 Salz ist gut und notwendig, solange es wirkt. Sonst ist es nutzlos. Deshalb achtet darauf, daß man an euch die Wirkung des Salzes sieht. Haltet Frieden miteinander."

10

1 Dann zog Jesus von Kapernaum nach Judäa und in die Gegend östlich des Jordan. Wie überall strömten auch hier die Menschen zusammen, und wie immer sprach er zu ihnen vom Reich Gottes.

2 Da kamen einige Pharisäer zu ihm. Sie wollten ihm auch diesmal eine Falle stellen, als sie ihn fragten: "Wie stehst du zur Ehescheidung? Darf sich ein Mann von seiner Frau scheiden lassen?"

3 Jesus fragte zurück: "Was hat Mose denn im Gesetz vorgeschrieben?"

4 "Mose", antworteten sie, "hat gesagt: 'Wenn sich der Mann von seiner Frau trennt, soll er ihr eine Scheidungsurkunde geben. "{5. Mose 24,1}

5 Jesus entgegnete: "Das war nur ein Zugeständnis an euer böses und hartes Herz.

6 Aber Gott hat die Menschen von Anfang an als Mann und Frau geschaffen. Nach seinem Willen sollen sie ein Leben lang zusammengehören.

7 Deshalb verläßt ein Mann seine Eltern und verbindet sich so eng mit seiner Frau,

8 daß die beiden eins sind mit Leib und Seele.{1. Mose 2,24} So sind sie nicht länger zwei voneinander getrennte Menschen.

9 Was Gott zusammengefügt hat, darf der Mensch nicht scheiden."

10 Im Hause wollten seine Jünger noch mehr darüber hören.

11 Jesus sagte ihnen: "Wenn sich ein Mann von seiner Frau trennt, um eine andere zu heiraten, dann ist das Ehebruch.

12 Auch eine Frau bricht die Ehe, wenn sie sich von ihrem Manntrennt und wieder heiratet."

13 Einige Eltern brachten ihre Kinder zu Jesus, damit er sie segnen sollte. Die Jünger aber wollten sie wegschicken.

14 Als Jesus das merkte, wurde er zornig: "Laßt doch die Kinder zu mir kommen! Haltet sie nicht zurück! Denn für Menschen wie sie ist das Reich Gottes bestimmt.

15 Habt ihr denn immer noch nicht begriffen: Wer nicht wie ein kleines Kind voller Vertrauen zu Gott kommt, dem bleibt das Reich Gottes verschlossen."

16 Dann nahm er die Kinder in seine Arme, legte ihnen die Hände auf und segnete sie.

17 Als Jesus weitergehen wollte, lief ein junger Mann auf ihn zu, warf sich vor ihm auf die Knie und fragte: "Guter Meister, was muß ich alles tun, um ganz sicher das ewige Leben zu bekommen?"

18 Jesus entgegnete: "Weshalb nennst du mich gut? Es gibt nur einen, der gut ist, und das ist Gott.

19 Du kennst doch seine Gebote: Du sollst nicht töten! Du sollst nicht die Ehe brechen! Du sollst nicht stehlen! Sag nichts Unwahres über deinen Mitmenschen! Du sollst nicht betrügen! Achte deinen Vater und deine Mutter!"

20 "Meister", antwortete der junge Mann, "an diese Gebote habe ich mich schon als Kind gehalten."

21 Jesus sah ihn voller Liebe an: "Eins fehlt dir noch: Verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen. Damit wirst du im Himmel einen Reichtum gewinnen, der niemals verlorengeht. Und dann komm und folge mir nach!"

22 Über diese Forderung war der Mann tief betroffen. Traurigging er weg, denn er war sehr reich.

23 Zu seinen Jüngern sagte Jesus nun: "Wie schwer ist es doch für einen Reichen, in das Reich Gottes zu kommen!"

24 Er sah, wie entsetzt seine Jünger über diese Worte waren. Deshalb wiederholte er ganz nachdrücklich: "Für Menschen, die viel besitzen, ist es fast unmöglich, dieses Ziel zu erreichen.

25 Eher läßt sich ein dickes Seil in ein Nadelöhr einfädeln,{Andere Übersetzung: Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr geht.} als daß Menschen, die an ihrem Reichtum hängen, in Gottes Reich kommen."

26 Darüber erschraken die Jünger noch mehr, und sie fragten sich: "Wer kann dann überhaupt gerettet werden?"

27 Jesus sah sie ernst an: "Für Menschen ist es unmöglich, aber nicht für Gott. Bei ihm gibt es kein 'Unmöglich'."

28 Aufgeregt fragte Petrus: "Aber wie ist es nun mit uns? Wir haben doch alles aufgegeben und sind mit dir gegangen!"

29 Jesus antwortete: "Das sollt ihr wissen: Jeder, der sein Haus, seine Geschwister, seine Eltern, seine Kinder oder seinen Besitz aufgibt, um mir zu folgen und das Evangelium weiterzusagen,

30 der wird schon hier alles hundertfach zurückerhalten: ein Zuhause, Brüder und Schwestern, Eltern, Kinder und alles, was er zum Leben braucht. All dies wird ihm - wenn auch mitten unter Verfolgungen - hier auf dieser Erde gehören und außerdem in der zukünftigen Welt das ewige Leben.

31 Viele, die jetzt eine große Rolle spielen, werden dann nichts bedeuten. Und andere, die heute die Letzten sind, werden dort zu den Ersten gehören."

32 Auf dem Weg nach Jerusalem ging Jesus seinen Jüngern voran. Voller Angst und Sorge folgten sie ihm. Unterwegs, an einem ruhigen Platz, sprach Jesus mit den zwölf Jüngern noch einmal darüber, was ihn erwartete.

33 "Wir gehen jetzt nach Jerusalem. Dort wird der Menschensohn den Hohenpriestern und Schriftgelehrten ausgeliefert. Sie werden ihn zum Tode verurteilen und den Römern übergeben.

34 Die werden ihn verspotten, anspucken, auspeitschen und kreuzigen. Aber nach drei Tagen wird er vom Tode auferstehen."

35 Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, gingen zu Jesus und sagten: "Herr, wirst du uns eine Bitte erfüllen?"

36 "Was wollt ihr?" fragte Jesus.

37 "Wir möchten gern in deinem Königreich die Plätze rechts und links neben dir einnehmen."

38 "Ihr wißt ja gar nicht, was ihr da verlangt!" antwortete Jesus. "Könnt ihr denn das schwere Leiden tragen, das auf mich wartet? Könnt ihr euer Leben hingeben, so wie ich es hingeben muß?"{Wörtlich: Könnt ihr den Becher trinken, den ich trinke, und mit der Taufe getauft werden, mit der ich getauft werde?}

39 "Ja, das können wir!" antworteten sie, ohne zu zögern. "Ihr werdet tatsächlich leiden und euer Leben hingeben müssen", sagte Jesus zu ihnen.

40 "Aber trotzdem kann ich nicht bestimmen, wer einmal die Plätze rechts und links neben mir einnehmen wird. Das hat bereits Gott entschieden."

41 Als die anderen Jünger von dem Wunsch des Johannes und Jakobus hörten, waren sie empört.

42 Da rief Jesus alle zusammen. "Ihr wißt", sagte er, "wie die Machthaber der Welt ihre Völker unterdrücken. Wer die Macht hat, nutzt sie rücksichtslos aus.

43 Aber gerade so darf es bei euch nicht sein. Wer in Gottes Augen groß sein will, der soll allen anderen dienen,

44 und wer der Erste sein will, soll sich allen anderen unterordnen.

45 Auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und mit seinem Leben viele Menschen aus der Gewalt des Bösen zu befreien."

46 Dann kamen Jesus und seine Jünger nach Jericho. Als sie die Stadt wieder verlassen wollten, folgte ihnen eine große Menschenmenge. Am Weg saß ein Blinder und bettelte. Es war Bartimäus, der Sohn des Timäus.

47 Als er hörte, daß es Jesus von Nazareth war, der vorbeikam, begann er laut zu rufen: "Jesus, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!"

48 "Halt den Mund!" riefen ärgerlich die Leute. Aber er schrie nur um so lauter und immer wieder: "Du Sohn Davids, habe doch Mitleid mit mir!"

49 Jesus blieb stehen: "Ruft ihn her zu mir." Ein paar von den Leuten liefen zu dem Blinden und sagten zu ihm: "Du hast es geschafft. Komm mit! Jesus ruft dich."

50 Vor Aufregung ließ Bartimäus seinen Mantel liegen, sprang auf und kam zu Jesus.

51 "Warum hast du nach mir gerufen?" fragte ihn Jesus. "Herr, ich möchte sehen können!"

52 Darauf antwortete Jesus: "Geh! Dein Glaube hat dich geheilt." Sofort konnte der Blinde sehen, und er ging mit Jesus.

11

1 Als sie in die Nähe von Jerusalem nach Bethphage und Bethanien kamen - das sind zwei Ortschaften, die am Ölberg liegen -, schickte Jesus zwei Jünger voraus:

2 "Geht in das nächste Dorf!" trug er ihnen auf. "Gleich am Eingang werdet ihr einen jungen Esel finden. Er ist angebunden, und auf ihm ist noch nie jemand geritten. Bindet ihn los und bringt ihn her.

3 Sollte jemand fragen, was ihr da macht, dann sagt einfach: 'Unser Herr braucht das Tier, aber er wird es bald wieder zurückschicken. "

4 Sie gingen hin und fanden den Esel an ein Hoftor angebunden. Sie banden ihn los; aber einige Leute, die dabeistanden, fragten: "Was macht ihr denn da? Was wollt ihr mit dem Esel?"

5

6 Sie antworteten so, wie Jesus ihnen gesagt hatte. Da ließ man sie gewähren.

7 Die Jünger brachten den jungen Esel, legten ihre Mäntel auf das Tier, und Jesus setzte sich darauf.

8 Viele Leute breiteten ihre Kleider als Teppich vor ihm aus, andere rissen grüne Zweige von den Bäumen und legten sie auf den Weg.

9 Vor und hinter ihm drängten sich die Menschen und riefen: "Heil unserem König!

10 Ihn hat Gott zu uns gesandt! Jetzt kommt endlich Davids Reich! Gelobt sei Gott!"

11 So zog Jesus in Jerusalem ein. Er ging in den Tempel und beobachtete aufmerksam das geschäftige Treiben. Am Abend kehrte er mit seinen Jüngern nach Bethanien zurück.

12 Am nächsten Morgen, als sie Bethanien verließen, hatte Jesus Hunger.

13 Schon von weitem sah er einen Feigenbaum mit vielen Blättern. Er ging hin, um sich ein paar Feigen zu pflücken. Aber er fand nichts als Blätter, denn zu dieser Jahreszeit gab es noch keine Feigen.

14 Da hörten die Jünger, wie Jesus zu dem Baum sagte: "Nie wieder soll jemand von dir eine Frucht essen!"

15 Sie kamen nach Jerusalem, und Jesus ging in den Tempel. Dort vertrieb er die Händler, die den Pilgern Opfertiere zum Kauf anboten, und ihre Kunden. Die Tische der Geldwechsler stieß er um, ebenso die Stände der Taubenhändler.

16 Er duldete noch nicht einmal, daß jemand irgendwelche Dinge durch den Tempel trug.

17 "Ihr wißt doch, was Gott sagt", rief Jesus der aufgebrachten Menschenmenge zu: "'Mein Haus soll für alle ein Haus des Gebets sein',{Jesaja 56,7} ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht."

18 Nachdem die Hohenpriester und Schriftgelehrten von diesen Ereignissen gehört hatten, stand ihr Entschluß fest, Jesus umzubringen. Sie fürchteten den ständig wachsenden Einfluß, den Jesus auf das Volk hatte. Denn seine Worte hinterließen tiefen Eindruck bei den Menschen.

19 Am Abend verließ Jesus mit seinen Jüngern die Stadt.

20 Am nächsten Morgen, als sie wieder an dem Feigenbaum vorbeikamen, sahen sie, daß er völlig abgestorben war.

21 Petrus dachte daran, was Jesus gesagt hatte. "Siehst du", meinte er, "der Baum, den du verflucht hast, ist vertrocknet."

22 Da antwortete Jesus: "Ihr müßt Gott ganz vertrauen!

23 Denn das ist sicher: Wenn ihr glaubt und nicht im geringsten zweifelt, könnt ihr zu diesem Berg hier sagen: 'Hebe dich von der Stelle und stürze dich ins Meer! , und es wird geschehen.

24 Es ist wirklich so: Alles, worum ihr im festen Glauben betet, wird Gott euch geben.

25 Aber wenn ihr ihn um etwas bittet, sollt ihr vorher den Menschen vergeben, die euch Unrecht getan haben. Dann wird euch der Vater im Himmel eure Schuld auch vergeben.

26 Wenn ihr ihnen aber nicht vergeben wollt, dann wird euch Gott eure Schuld auch nicht vergeben."

27 Sie kamen wieder nach Jerusalem. Als Jesus im Tempel war, kamen die Hohenpriester, die Schriftgelehrten und die Führer des Volkes zu Jesus und stellten ihn zur Rede: "Woher nimmst du dir das Recht, hier in dieser Weise aufzutreten? Wer gab dir die Vollmacht dazu?"

28

29 Jesus erwiderte: "Ich will euch eine Gegenfrage stellen. Wenn ihr die beantwortet, will ich auf eure Frage eingehen.

30 Von wem hatte eurer Meinung nach Johannes der Täufer die Vollmacht zu taufen? War er von Gott beauftragt oder nicht? Was meint ihr?"

31 Sie überlegten: "Wenn wir antworten: 'Gott hat ihn gesandt', dann wird er fragen: 'Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt?

32 Wenn wir aber bestreiten, daß Gott ihn gesandt hat, bekommen wir Ärger mit dem Volk. Denn alle sind davon überzeugt, daß Johannes ein Prophet war."

33 So antworteten sie schließlich: "Wir wissen es nicht!" Worauf Jesus entgegnete: "Dann sage ich euch auch nicht, wer mir die Vollmacht gegeben hat."

12

1 Wenn Jesus zu den Menschen redete, gebrauchte er oft Beispiele. So erzählte er: "Ein Mann legte einen Weinberg an, zäunte ihn ein, stellte eine Weinpresse auf und baute einen Wachtturm. Dann verpachtete er ihn an einige Weinbauern und reiste ins Ausland.

2 Zur Zeit der Weinlese beauftragte er jemanden, den vereinbarten Anteil an der Ernte abzuholen.

3 Aber die Weinbauern gaben ihm nichts, sondern schlugen ihn nieder und jagten ihn davon.

4 Da schickte der Besitzer einen zweiten Boten. Auch den beschimpften sie und schlugen ihn blutig.

5 Den dritten Boten des Weinbergbesitzers brachten sie um. Immer wieder versuchte der Besitzer, zu seinem Ernteanteil zu kommen. Doch alle, die in seinem Auftrag kamen, wurden schwer mißhandelt oder sogar getötet.

6 Nun blieb nur noch einer übrig: sein einziger Sohn, den er sehr liebte. Ihn schickte er zuletzt. 'Sie werden es nicht wagen, ihm etwas anzutun', sagte er sich.

7 Aber die Weinbauern waren sich einig: 'Jetzt kommt der Erbe! Wenn wir ihn umbringen, dann gehört der Weinberg endgültig uns.

8 Deshalb ergriffen sie ihn, schlugen ihn tot und warfen ihn vor den Weinberg.

9 Was - meint ihr - wird der Besitzer des Weinbergs jetzt wohl tun? Er wird selbst kommen, die Weinbauern töten und seinen Weinberg an andere verpachten.

10 Habt ihr nicht in den Psalmen gelesen: 'Der Stein, den die Bauarbeiter weggeworfen haben, weil sie ihn für unbrauchbar hielten, ist nun zum Grundstein des ganzen Hauses geworden.

11 Was keiner für möglich gehalten hat, das tut Gott vor euren Augen. "{Psalm 118,22-23}

12 Am liebsten hätten die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Führer des Volkes Jesus gleich verhaftet. Sie hatten verstanden, daß Jesus von ihnen gesprochen hatte und daß sie die Weinbauern in seiner Geschichte waren. Aber sie wagten sich nicht an ihn heran, weil sie vor dem Volk Angst hatten. So ließen sie ihn in Ruhe und gingen weg.

13 Danach schickten sie einige Pharisäer und Anhänger des Königs Herodes zu Jesus, weil sie hofften, ihn mit seinen eigenen Worten in eine Falle locken zu können.

14 "Meister", sagten sie scheinheilig, "wir wissen, daß es dir allein um die Wahrheit geht. Du fragst nicht danach, was den Leuten gefällt, sondern sagst uns frei heraus, wie wir nach Gottes Willen leben sollen. Deshalb sage uns: Ist es eigentlich Gottes Wille, daß wir dem römischen Kaiser Steuern zahlen? Sollen wir bezahlen oder nicht?"

15 Jesus durchschaute ihre Falschheit und sagte: "Warum wollt ihr mir eine Falle stellen? Zeigt mir ein Geldstück!"

16 Sie gaben ihm eine römische Münze. Er fragte sie: "Wessen Bild und Name ist hier eingeprägt?" Sie antworteten: "Das Bild und der Name des Kaisers!"

17 "Nun, dann gebt dem Kaiser, was ihm zusteht, und gebt Gott, was ihm gehört." Seine Zuhörer waren verblüfft: Diese Antwort hatten sie nicht erwartet.

18 Später kamen einige Sadduzäer zu Jesus. Diese Leute behaupteten, daß es keine Auferstehung der Toten gibt. Sie fragten ihn:

19 "Meister, Mose hat uns im Gesetz gesagt: 'Wenn ein verheirateter Mann stirbt und seine Frau ohne Kinder hinterläßt, muß sein Bruder die Witwe heiraten. Das erste ihrer Kinder soll der Erbe des Verstorbenen sein.{5. Mose 25,5-6}

20 Nun gab es da sieben Brüder. Der erste heiratete und starb ohne Nachkommen.

21 Da heiratete der zweite Bruder die Witwe. Auch er starb kinderlos, und der nächste Bruder nahm sie zur Frau.

22 So ging es weiter, bis die Frau mit allen sieben verheiratet gewesen war, ohne daß sie Kinder bekommen hätte. Schließlich starb auch die Frau.

23 Wessen Frau wird sie nun nach der Auferstehung sein? Alle sieben Brüder waren doch mit ihr verheiratet."

24 Jesus antwortete ihnen: "Ihr irrt euch, weil ihr in eurem Denken von falschen Voraussetzungen ausgeht, denn ihr kennt weder die Heilige Schrift noch die Macht Gottes.

25 Wenn die Toten auferstehen, werden sie nicht wie hier auf der Erde verheiratet sein, sondern wie die Engel im Himmel leben.

26 Doch was die Auferstehung betrifft: Habt ihr nicht von Mose gelesen, wie Gott am brennenden Dornbusch zu ihm sagte: 'Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs'?{2. Mose 3,6}

27 Er ist doch nicht ein Gott der Toten, sondern er ist der Gott der Lebenden. Ihr seid völlig im Irrtum!"

28 Ein Schriftgelehrter war von der Antwort beeindruckt, die Jesus den Sadduzäern gegeben hatte. Deshalb fragte er ihn: "Welches von allen Geboten Gottes ist das wichtigste?"

29 Jesus erwiderte: "Dies ist das wichtigste Gebot: 'Höre, Israel! Der Herr ist unser Gott, der Herr allein.

30 Ihn sollst du von ganzem Herzen lieben, mit ganzer Hingabe, mit deinem ganzen Verstand und mit all deiner Kraft.{5. Mose 6,4-5}

31 Ebenso wichtig ist das andere Gebot: 'Liebe deine Mitmenschen, so wie du dich selber liebst!{3. Mose 19,18} Es gibt kein anderes Gebot, das lebenswichtiger ist als diese beiden."

32 Darauf meinte der Schriftgelehrte: "Meister, du hast recht. Es gibt nur einen Gott und keinen anderen neben ihm.

33 Ihn sollen wir lieben mit ganzem Herzen, mit unserem ganzen Verstand und mit aller Kraft. Und auch unsere Mitmenschen sollen wir so lieben wie uns selbst. Das ist mehr als alle Opfer, die wir Gott bringen könnten."

34 Jesus erkannte, daß dieser Mann ihn verstanden hatte. Deshalb sagte er zu ihm: "Du bist nicht weit vom Reich Gottes entfernt." Danach wagte niemand mehr, Jesus weitere Fragen zu stellen.

35 Als Jesus später im Tempel redete, stellte er die Frage: "Wie können eure Schriftgelehrten behaupten, Christus sei ein Nachkomme von König David?

36 David selbst hat doch, geleitet vom Heiligen Geist, gesagt: 'Gott sprach zu meinem Herrn: Setze dich auf den Ehrenplatz an meiner rechten Seite, bis ich dir alle deine Feinde unterworfen habe.

37 Wenn David Christus nun seinen 'Herrn' nennt, wie kann Christus dann Davids 'Sohn' sein?" Alle im Tempel hörten ihm gespannt zu.

38 Jesus redete weiter zu ihnen: "Hütet euch vor den Schriftgelehrten! Sie laufen gern in langen Talaren herum und erwarten, daß man sie auf der Straße ehrfurchtsvoll grüßt.

39 Beim Gottesdienst in der Synagoge beanspruchen sie die Sitze in der ersten Reihe, und bei allen Festen wollen sie die Ehrenplätze einnehmen.

40 Gierig reißen sie das Vermögen der Witwen an sich; dabei tarnen sie ihre Absichten mit langen Gebeten. Gottes Strafe wird sie besonders hart treffen."

41 Jesus setzte sich nun in die Nähe des Opferkastens im Tempel und beobachtete die Leute, die ihre Gaben einwarfen. Viele Reiche spendeten hohe Beträge.

42 Dann aber kam eine arme Witwe und steckte zwei kleine Münzen in den Opferkasten.

43 "Das eine ist sicher", erklärte Jesus seinen Jüngern, die er zu sich gerufen hatte, "diese arme Witwe hat mehr gegeben als alle anderen.

44 Die Reichen haben nur etwas von ihrem Überfluß gegeben, aber diese Frau opferte alles, was sie hatte."

13

1 Als Jesus den Tempel verließ, zeigte einer seiner Jünger voller Bewunderung auf die Tempelbauten: "Meister, sieh dir diese Steine und diese gewaltigen Bauwerke an!"

2 Jesus erwiderte: "Ja, sieh dir alles genau an! Kein Stein wird hier auf dem anderen bleiben. Bald wird alles nur noch ein großer Trümmerhaufen sein."

3 Als Jesus am Abhang des Ölbergs saß und zum Tempel auf der anderen Seite des Tales hinübersah, kamen Petrus, Jakobus, Johannes und Andreas zu ihm und fragten: "Wann wird das alles geschehen? An welchen Ereignissen werden wir das Ende erkennen?"

4

5 Jesus antwortete: "Laßt euch von keinem Menschen täuschen und verführen!

6 Viele werden nämlich behaupten: 'Ich bin Christus! Und leider werden sich viele von ihnen irreführen lassen.

7 Ihr werdet von Kriegen und Unruhen hören. Erschreckt nicht! Das muß geschehen; doch es bedeutet noch nicht das Ende.

8 Die Völker und Machtblöcke der Erde werden Kriege gegeneinander führen. In vielen Teilen der Welt wird es Erdbeben und Hungersnöte geben. Das ist aber erst der Anfang vom Ende - so wie die ersten Wehen einer Frau, die ein Kind zur Welt bringt.

9 Seid wachsam! Man wird euch vor die Gerichte zerren, und in den Synagogen wird man euch auspeitschen. Vor denen, die in dieser Welt die Macht haben, werdet ihr euch verantworten müssen. Dort werdet ihr meine Botschaft bezeugen. Und das alles, weil ihr zu mir gehört.

10 Das muß so geschehen, denn alle Völker sollen die Heilsbotschaft hören, bevor das Ende kommt.

11 Wenn sie euch verhaften und vor Gericht bringen, bleibt ruhig. Ihr braucht euch nicht darum zu sorgen, was ihr aussagen sollt! Zur rechten Zeit wird Gott euch das rechte Wort geben. Denn nicht ihr werdet es sein, die Rede und Antwort stehen, sondern der Heilige Geist wird durch euch sprechen.

12 In dieser Zeit wird ein Bruder den anderen dem Henker ausliefern. Väter werden ihre eigenen Kinder anzeigen. Kinder werden gegen ihre Eltern vorgehen und sie sogar töten lassen.

13 Alle Welt wird euch hassen, weil ihr euch zu mir bekennt. Aber jeder, der im festen Glauben bis ans Ende durchhält, der wird gerettet.

14 Wer das jetzt liest, soll genau auf jedes Wort achten: Wenn ihr das abscheuliche Götzenbild im Tempel seht, das diese heilige Stätte entweiht,{Daniel 9,27} dann sollen alle, die sich in Judäa aufhalten, in größter Eile in das Gebirge fliehen.

15 Wer sich gerade auf der Terrasse seines Hauses aufhält, soll nicht erst im Haus sein Gepäck für die Flucht zusammensuchen.

16 Wer auf dem Feld arbeitet, soll nicht erst nach Hause laufen, um seinen Mantel zu holen.

17 Schlimm wird es für die Frauen werden, die ein Kind erwarten, aber auch für Mütter mit Säuglingen.

18 Betet deshalb, daß ihr nicht im Winter fliehen müßt.

19 Denn es wird eine Notzeit kommen, wie sie die Welt seit der Schöpfung nicht erlebt hat und wie sie auch nie wieder eintreten wird.

20 Kein Mensch könnte solche Leiden überstehen, hätte Gott diese Zeit nicht von vornherein verkürzt. Aber seinen Auserwählten zuliebe hat Gott diese Zeit begrenzt.

21 Wenn dann jemand zu euch sagt: 'Hier ist der Retter! oder: 'Dort ist Christus! , glaubt ihm nicht!

22 Viele werden sich nämlich als Retter der Welt aufspielen, und falsche Propheten wird es in Hülle und Fülle geben. Dabei kann man diese Menschen nicht so leicht als Schwindler entlarven, denn sie werden erstaunliche Wunder vollbringen, und würden - wenn es möglich wäre - sogar Gottes Auserwählte täuschen.

23 Deshalb bleibt wachsam! Ich habe euch gewarnt!"

24 "Nach dieser großen Schreckenszeit wird sich die Sonne verfinstern und der Mond nicht mehr scheinen.

25 Die Sterne werden aus ihrer Bahn geschleudert und die kosmischen Kräfte erschüttert.

26 Alle sehen dann den Menschensohn, wie er in göttlicher Macht und Herrlichkeit in den Wolken des Himmels kommt.

27 Er wird seine Engel aussenden, und sie bringen Gottes Auserwählte aus allen Teilen der Welt zu ihm.

28 Ich will euch das am Beispiel des Feigenbaums erklären: Wenn seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, dann wißt ihr, daß es bald Sommer ist.

29 Sobald ihr all diese Dinge kommen seht, könnt ihr sicher sein: Mein Kommen steht unmittelbar bevor.

30 Und auch das will ich euch noch sagen: Dieses Volk{Wörtlich: Dieses Geschlecht.} wird nicht untergehen, bevor das alles eintrifft.

31 Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte sind für alle Zeiten gültig und vergehen nie."

32 "Niemand weiß, wann das Ende kommen wird; weder die Engel im Himmel noch der Sohn Gottes. Die genaue Stunde kennt nur der Vater.

33 Darum werdet nicht nachlässig und bleibt wach! Denn ihr wißt nicht, wann es soweit ist.

34 Es ist genau wie bei einem Mann, der auf Reisen geht. Bevor er sein Haus verläßt, weist er jedem Angestellten eine bestimmte Arbeit zu und befiehlt dem Pförtner, wachsam zu sein.

35 Genauso sollt auch ihr wach bleiben. Ihr wißt ja nicht, wann der Herr kommen wird, ob am Abend oder um Mitternacht, im Morgengrauen oder nach Sonnenaufgang.

36 Deshalb sollt ihr zu jeder Stunde auf seine Ankunft vorbereitet sein und nicht etwa schlafen.

37 Was ich euch sage, gilt auch für alle anderen Menschen: Ihr müßt immer wach und bereit sein!"

14

1 Es waren nur noch zwei Tage bis zum Passahfest und derFestwoche, in der die Juden nur ungesäuertes Brot essen.{Zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten. Vgl. 3. Mose 23,5-6} Die Hohenpriester und Schriftgelehrten suchten schon lange nach einer günstigen Gelegenheit, bei der sie Jesus heimlich festnehmen und umbringen lassen konnten. Sie waren sich aber einig:

2 "Es darf auf keinen Fall während der Festtage geschehen, damit es nicht zu Unruhen im Volk kommt!"

3 Jesus war in Bethanien Gast bei Simon, der früher einmal leprakrank gewesen war. Während der Mahlzeit kam eine Frau. In ihren Händen hatte sie ein Glas mit kostbarem Öl. Sie zerbrach dieses Gefäß und salbte mit dem Öl das Haupt Jesu.

4 Darüber regten sich einige Gäste auf: "Was soll diese Verschwendung?" fragten sie verärgert. "Dieses Öl ist ein Vermögen wert. Das Geld hätte man lieber den Armen geben sollen!" So machten sie der Frau Vorwürfe.

5

6 Aber Jesus sagte: "Laßt sie in Ruhe! Warum kränkt ihr sie? Was sie für mich getan hat, war gut und richtig.

7 Arme, die eure Hilfe nötig haben, wird es immer geben. Ihnen könnt ihr jederzeit helfen. Aber ich bin nicht mehr lange bei euch.

8 Diese Frau hat getan, was sie konnte. Mit ihrem Öl hat sie meinen Leib zum Begräbnis vorbereitet.

9 Und das ist ganz sicher: Überall in der Welt, wo man Gottes Heilsbotschaft verkünden wird, da wird man auch von dieser Frau sprechen und von dem, was sie getan hat!"

10 Anschließend ging Judas Ischarioth, einer von den zwölf Jüngern, zu den Hohenpriestern, weil er Jesus an sie verraten wollte.

11 Die Hohenpriester freuten sich darüber und versprachen ihm eine Belohnung. Von da an suchte Judas nach einer günstigen Gelegenheit, um Jesus zu verraten.

12 Am ersten Tag des Festes der ungesäuerten Brote, an dem das Passahlamm{2. Mose 12,3-6} geschlachtet wurde, fragten die Jünger Jesus: "Wo sollen wir für dich das Passahmahl vorbereiten?"

13 "Geht in die Stadt", beauftragte Jesus zwei von ihnen. "Dort wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Diesem Mann folgt,

14 bis er in ein Haus geht. Dem Besitzer des Hauses sollt ihr sagen: 'Unser Herr läßt fragen: Wo ist der Raum, in dem er mit seinen Jüngern das Passahmahl feiern kann?

15 Er wird euch einen großen Raum im Obergeschoß zeigen, der für das Festmahl hergerichtet ist. Bereitet dort alles Weitere vor."

16 Die beiden Jünger gingen in die Stadt und fanden alles so vor, wie Jesus es ihnen gesagt hatte, so daß sie das Passahmahl herrichten konnten.

17 Am Abend kam Jesus mit den zwölf Jüngern.

18 Während sie miteinander aßen, sagte er zu ihnen: "Ich weiß, daß mich einer von euch, der jetzt mit mir ißt, verraten wird!"

19 Bestürzt sahen sie einander an, und einer nach dem andern fragte Jesus: "Meinst du mich?"

20 "Es ist einer von euch Zwölfen, der jetzt mit mir zusammen ißt.

21 Der Menschensohn muß zwar sterben, so wie es die Propheten vorausgesagt haben; aber wehe dem, der zu seinem Verräter wird! Für ihn wäre es besser, er wäre nie geboren worden."

22 Noch während sie aßen, nahm Jesus ein Stück Brot, sprach das Dankgebet, teilte das Brot und gab jedem seiner Jünger ein Stück davon: "Nehmt und eßt! Das ist mein Leib!"

23 Anschließend nahm er einen Becher Wein, dankte Gott und gab den Becher seinen Jüngern. Sie tranken alle daraus.

24 Jesus sagte: "Das ist mein Blut, mit dem der neue Bund zwischen Gott und den Menschen besiegelt wird. Es wird zur Vergebung der Sünden vergossen.

25 Ich sage euch: Von jetzt an werde ich keinen Wein mehr trinken, bis ich ihn wieder mit euch im Reich Gottes trinken werde."

26 Nachdem sie das Danklied gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.

27 Auf dem Weg zum Ölberg sagte Jesus zu den Jüngern: "Ihr werdet mich alle nicht mehr verstehen können und an mir zweifeln. Schon die Propheten haben gesagt: 'Ich werde der Herde den Hirten nehmen, und die Schafe werden auseinanderlaufen.{Sacharja 13,7}

28 Aber nach meiner Auferstehung werde ich nach Galiläa gehen, und dort werdet ihr mich wiedersehen."

29 Da beteuerte Petrus: "Wenn auch alle anderen an dir zweifeln sollten, ich halte zu dir!"

30 "Petrus", erwiderte ihm Jesus, "eins will ich dir sagen: Noch ehe heute nacht der Hahn zweimal kräht, wirst du dreimal behaupten, daß du mich nicht kennst."

31 "Ausgeschlossen!" rief Petrus. "Und wenn ich mit dir sterben müßte, würde ich das nicht tun!" Auch die anderen Jünger beteuerten dies.

32 Jesus und seine Jünger gingen dann in einen Garten, der Gethsemane heißt. Dort bat er sie: "Bleibt hier und wartet auf mich, bis ich gebetet habe!"

33 Petrus, Jakobus und Johannes gingen mit ihm. Grauen und Angst überfielen Jesus.

34 "Ich zerbreche beinahe unter der Last, die ich zu tragen habe",{Wörtlich: Tief betrübt ist meine Seele bis zum Tod.} sagte er. "Bleibt bei mir und laßt mich nicht allein."

35 Jesus ging ein paar Schritte weiter, kniete nieder und betete: "Mein Vater, wenn es möglich ist, so bewahre mich vor diesem Leiden.{Wörtlich: so gehe dieser Kelch an mir vorüber.}

36 Dir ist alles möglich. Aber nicht, was ich will, sondern was du willst, soll geschehen."

37 Dann kam er zu den drei Jüngern zurück und sah, daß sie eingeschlafen waren. Traurig weckte er Petrus: "Simon!" rief er, "schläfst du? Kannst du denn nicht eine einzige Stunde mit mir wachen?

38 Bleibt wach und betet, damit ihr die kommenden Tage überstehen könnt. Ich weiß, ihr wollt das Beste, aber aus eigener Kraft könnt ihr es nicht erreichen."{Wörtlich: Der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach.}

39 Noch einmal ließ er sie allein und bat Gott mit den gleichen Worten um Hilfe.

40 Als er zurückkam, schliefen die Jünger schon wieder. Die Augen waren ihnen zugefallen, und sie wußten vor Müdigkeit nicht, was sie Jesus sagen sollten.

41 Als er zum dritten Mal zu ihnen zurückkehrte, rief er: "Hört auf zu schlafen! Ruht euch ein andermal aus! Jetzt wird der Menschensohn in die Hände der Menschen ausgeliefert.

42 Steht auf, laßt uns gehen! Der Verräter ist da!"

43 Noch während Jesus sprach, kam Judas, einer von seinen Jüngern, mit vielen Männern, die mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet waren. Die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Führer des Volkes hatten sie geschickt.

44 Judas hatte mit ihnen vereinbart: "Der Mann, den ich küssen werde, der ist es! Den müßt ihr festnehmen."

45 Er ging auf Jesus zu und sagte: "Sei gegrüßt, Meister!" Dann küßte er ihn.

46 Sofort packten die Soldaten Jesus und nahmen ihn fest.

47 Aber einer von den Männern, die bei Jesus waren, wollte das verhindern. Er zog sein Schwert und schlug einem der Leute des Hohenpriesters das Ohr ab.

48 Jesus fragte die Soldaten: "Bin ich denn ein Schwerverbrecher, daß ihr mit Schwertern und Knüppeln gekommen seid, um mich zu verhaften?

49 Jeden Tag habe ich öffentlich im Tempel gepredigt. Warum habt ihr mich nicht dort festgenommen? Aber auch dies geschieht, damit sich die Vorhersagen der Propheten erfüllen."

50 Entsetzt verließen ihn jetzt alle Jünger und flohen.

51 Nur ein junger Mann, der einen leichten Umhang trug, folgte Jesus. Als die Männer versuchten, auch ihn festzunehmen,

52 riß er sich los. Die Soldaten blieben mit dem Umhang in den Händen zurück, und der junge Mann konnte nackt entkommen.

53 Gleich darauf brachte man Jesus zu dem Hohenpriester, der in dieser Zeit den Vorsitz hatte. Bei ihm waren alle Hohenpriester, Schriftgelehrten und Führer des Volkes versammelt.

54 In sicherem Abstand folgte Petrus der Truppe bis in den Innenhof des Palastes. Dort setzte er sich zu den Soldaten und wärmte sich am Feuer.

55 Währenddessen versuchten die Hohenpriester und alle Mitglieder des Gerichtshofes durch falsche Zeugenaussagen Jesus so zu belasten, daß sie ihn zum Tode verurteilen konnten. Aber sie fanden nichts.

56 Viele Zeugen brachten falsche Anschuldigungen gegen Jesus vor, doch ihre Aussagen widersprachen sich.

57 Schließlich erklärten einige Männer:

58 "Wir haben gehört, wie dieser Jesus behauptete: 'Ich will den von Menschen gebauten Tempel abreißen und dafür in drei Tagen einen anderen aufbauen; den aber werden keine Menschen errichten. "

59 Doch auch ihre Aussagen waren voller Widersprüche, so daß die Hohenpriester damit nichts anfangen konnten.

60 Jetzt erhob sich der Hohepriester, stellte sich mitten unter die hier Versammelten und fragte Jesus: "Was antwortest du darauf? Hast du das gesagt oder nicht?"

61 Aber Jesus schwieg. Noch einmal fragte ihn der Hohepriester: "Bist du Christus, der Sohn Gottes?"

62 "Ja, der bin ich", antwortete Jesus. "Ihr werdet den Menschensohn an der rechten Seite Gottes sitzen und auf den Wolken des Himmels wiederkommen sehen."

63 Empört zerriß der Hohepriester sein Gewand und rief: "Das genügt! Wir brauchen keine weiteren Zeugen.

64 Ihr habt ja selber seine Gotteslästerung gehört. Wie lautet euer Urteil?" Einstimmig beschlossen sie: "Er muß zum Tode verurteilt werden."

65 Sie begannen, Jesus zu quälen: Einige spuckten ihm in sein Gesicht, verbanden ihm die Augen und schlugen mit den Fäusten auf ihn ein. "Na, du Prophet", verhöhnten sie ihn, "sag uns, wer hat dich geschlagen?" Auch die Männer, die Jesus abführten, schlugen ihn.

66 Petrus war immer noch unten im Hof. Eine Dienerin des Hohenpriesters sah ihn am Feuer sitzen. "Du gehörst doch auch zu diesem Jesus von Nazareth!"

67

68 Erschreckt behauptete Petrus: "Ich weiß nicht, wovon du redest!" Und schnell ging er hinaus in den Vorhof. Da krähte ein Hahn.

69 Aber auch hier erkannte ihn das Mädchen und sagte laut vor allen: "Das ist auch einer von den Leuten, die bei Jesus waren!"

70 Heftig bestritt es Petrus auch diesmal. Doch nach einer Weile sagten auch die Umstehenden: "Natürlich gehörst du zu seinen Freunden; du kommst doch auch aus Galiläa!"

71 Petrus begann, sich zu verfluchen. "Ich kenne diesen Menschen überhaupt nicht, von dem ihr da redet! Das kann ich beschwören!"

72 Da krähte der Hahn zum zweiten Mal. In diesem Augenblick erinnerte sich Petrus, daß Jesus gesagt hatte: "Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen." Und er fing an zu weinen.

15

1 Am frühen Morgen schlossen die Hohenpriester, die Führer des Volkes, die Schriftgelehrten und der ganze Gerichtshof ihre Beratungen ab und trafen ihre Entscheidung. Jesus wurde gefesselt zu Pilatus, dem römischen Gouverneur, gebracht.

2 Pilatus fragte ihn: "Bist du der König der Juden?" "Ja", antwortete Jesus, "ich bin es."

3 Die Hohenpriester brachten noch andere schwere Anklagen gegen ihn vor.

4 "Antworte doch!" forderte ihn Pilatus auf. "Willst du dich nicht verteidigen? Hörst du nicht, wie schwer sie dich beschuldigen?"

5 Aber Jesus sagte kein Wort. Darüber wunderte sich Pilatus sehr.

6 Nun war es üblich, daß Pilatus jedes Jahr zum Passahfest einen Gefangenen begnadigte, den das Volk selbst auswählen durfte.

7 Bei politischen Unruhen war kürzlich jemand ermordet worden. Zusammen mit den Anführern dieses Aufstandes hatte man einen Mann, der Barabbas hieß, gefangengenommen.

8 Vor dem Palast des Pilatus forderte jetzt eine große Menschenmenge die Freilassung eines Gefangenen.

9 "Was meint ihr? Soll ich euch den 'König der Juden' freigeben?" fragte Pilatus.

10 Denn er wußte genau, daß die Hohenpriester das Verfahren gegen Jesus nur aus Neid angezettelt hatten.

11 Aber die Hohenpriester hetzten das Volk auf, die Freilassung des Barabbas zu verlangen.

12 Pilatus fragte zurück: "Und was soll mit dem Mann geschehen, den man euern König nennt?"

13 Da brüllten sie alle: "Ans Kreuz mit ihm!"

14 "Warum denn? Was hat er getan?" fragte Pilatus. Doch ununterbrochen schrie die Menge: "Ans Kreuz mit ihm!"

15 Weil Pilatus sich fürchtete, gegen diese aufgebrachte Volksmenge zu entscheiden, gab er Barabbas frei. Jesus aber ließ er auspeitschen und zur Kreuzigung abführen.

16 Die römischen Soldaten brachten Jesus in den Hof des Palastes. Dort riefen sie die ganze Mannschaft zusammen.

17 Sie zogen ihm einen roten Mantel an, damit er wie ein König aussehen sollte, flochten einen Kranz aus Dornenzweigen und drückten ihm den als Krone auf den Kopf.

18 Dann nahmen sie Haltung an und grüßten Jesus voller Hohn: "Es lebe der König der Juden!"

19 Mit einem Stock schlugen sie Jesus auf den Kopf, spuckten ihn an und knieten vor ihm nieder, um ihn zu verspotten.

20 Als sie davon genug hatten, zogen sie ihm den roten Mantel wieder aus und gaben ihm seine eigenen Kleider zurück. Jetzt führten sie ihn zur Kreuzigung ab.

21 Unterwegs begegnete ihnen Simon aus Kyrene, der Vater von Alexander und Rufus. Simon kam gerade von seinem Feld zurück, als ihn die Soldaten zwangen, das Kreuz zu tragen.

22 Sie brachten Jesus nach Golgatha; das bedeutet Schädelstätte.

23 Dort wollten die Soldaten ihm ein betäubendes Getränk geben: Wein mit Myrrhe. Aber Jesus wollte nichts davon trinken.

24 Dann nagelten sie ihn an das Kreuz. Seine Kleider verlosten sie unter sich.

25 Es war neun Uhr morgens, als sie ihn kreuzigten.

26 Über ihm wurde ein Schild angebracht, auf dem man lesen konnte, weshalb er verurteilt worden war. Darauf stand: "Der König der Juden!"

27 Mit Jesus wurden zwei Verbrecher gekreuzigt, einer rechts, der andere links von ihm.

28 Damit erfüllte sich die Vorhersage des Propheten Jesaja: "Er wurde zu den Verbrechern gezählt."{Jesaja 53,12}

29 Die Leute, die am Kreuz vorübergingen, beschimpften ihn und spotteten: "So! Den Tempel wolltest du zerstören und ihn in drei Tagen wieder aufbauen?

30 Jetzt rette dich selber und komm vom Kreuz herunter!"

31 Auch die Hohenpriester und die Schriftgelehrten standen voller Schadenfreude unter dem Kreuz und verhöhnten Jesus: "Anderen hat er geholfen, aber sich selbst kann er nicht helfen!

32 Dieser Messias, dieser König von Israel, soll er doch vom Kreuz heruntersteigen! Dann wollen wir an ihn glauben!" Ebenso verspotteten ihn die beiden Männer, die mit ihm gekreuzigt worden waren.

33 Am Mittag wurde es plötzlich im ganzen Land dunkel. Diese Finsternis dauerte drei Stunden.

34 Gegen drei Uhr rief Jesus laut: "Eli, Eli, lama sabachthani?" Das heißt: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"{Psalm 22,2}

35 Einige von den Leuten, die dabeistanden, meinten: "Er ruft den Propheten Elia."

36 Einer von ihnen tauchte sofort einen Schwamm in Essig und steckte ihn auf einen Stab, um Jesus davon trinken zu lassen. "Wir wollen doch sehen, ob Elia kommt und ihn herunterholt!" sagte er.

37 Aber Jesus schrie laut auf und starb.

38 In demselben Augenblick zerriß im Tempel der Vorhang vor dem Allerheiligsten von oben bis unten.

39 Erschüttert bekannte der römische Hauptmann, der neben dem Kreuz stand und mitangesehen hatte, wie Jesus starb: "Dieser Mann ist wirklich Gottes Sohn gewesen!"

40 Einige Frauen hatten alles, was geschah, aus der Ferne beobachtet. Unter ihnen waren Maria aus Magdala und Maria, die Mutter von Jakobus dem Jüngeren und von Joses, sowie Salome.

41 Sie waren schon in Galiläa bei Jesus gewesen und hatten für ihn gesorgt. Zusammen mit vielen anderen waren sie mit Jesus nach Jerusalem gekommen.

42 Am Abend ging Joseph von Arimathia, ein geachtetes Mitglied des Hohen Rates, zu Pilatus. Joseph wartete auf das Kommen des Reiches Gottes. Weil am nächsten Tag Sabbat war, entschloß er sich, Pilatus schon jetzt um den Leichnam Jesu zu bitten.

43

44 Pilatus wollte nicht glauben, daß Jesus schon gestorben war. Darum rief er den Hauptmann und erkundigte sich: "Lebt Jesus tatsächlich nicht mehr?"

45 Als der Hauptmann das bestätigte, überließ er Joseph von Arimathia den Leichnam.

46 Joseph kaufte ein großes Leinentuch, nahm Jesus vom Kreuz, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das in einen Felsen gehauen war. Dann wälzte er einen Stein vor den Eingang des Grabes.

47 Maria aus Magdala und Maria, die Mutter von Joses, beobachteten, wohin er Jesus legte.

16

1 Nachdem der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Salome und Maria, die Mutter von Jakobus, Öle und Salben, um den Toten einzubalsamieren.

2 Früh am Sonntagmorgen, gerade als die Sonne aufging, kamen die Frauen zum Grab.

3 Schon unterwegs hatten sie sich besorgt gefragt: "Wie werden wir nur den schweren Stein von der Grabkammer wegrollen können?"

4 Um so erstaunter waren sie, als sie merkten, daß der Stein nicht mehr vor dem Grab lag.

5 Sie betraten die Grabkammer, und da sahen sie auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der ein langes weißes Gewand trug. Die Frauen erschraken sehr.

6 Aber der Mann sagte zu ihnen: "Habt keine Angst! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist nicht mehr hier. Er ist auferstanden. Seht her, an dieser Stelle hat er gelegen.

7 Und nun geht zu seinen Jüngern und zu Petrus, und sagt ihnen, daß Jesus euch nach Galiläa vorausgehen wird. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch versprochen hat."

8 Da flohen die Frauen aus dem Grab und liefen davon. Angst und Entsetzen hatte sie erfaßt. Sie redeten mit niemandem darüber, so erschrocken waren sie.

9 Jesus war am Sonntagmorgen von den Toten auferstanden und erschien zuerst der Maria aus Magdala, die er von sieben Dämonen befreit hatte.

10 Sie lief zu den Jüngern, die um Jesus trauerten und weinten,

11 und berichtete ihnen: "Jesus lebt! Ich habe ihn gesehen!" Aber sie glaubten ihr nicht.

12 Danach erschien er zwei von ihnen in einer anderen Gestalt, als sie unterwegs waren.

13 Sie kamen voller Aufregung nach Jerusalem zurück, um es den anderen zu berichten. Aber auch ihnen glaubten sie nicht.

14 Wenig später erschien Jesus den elf Jüngern, während sie gemeinsam aßen. Er wies sie zurecht, weil sie in ihrem Unglauben und Starrsinn nicht einmal denen glauben wollten, die ihn nach seiner Auferstehung gesehen hatten.

15 Dann sagte er zu ihnen: "Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet allen Menschen die Heilsbotschaft.

16 Denn wer glaubt und sich taufen läßt, der wird gerettet werden. Wer aber nicht glaubt, der wird verurteilt werden.

17 Die Glaubenden aber werde ich durch folgende Zeichen bestätigen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben und in neuen Sprachen{Vgl. Apostelgeschichte 2,4} reden.

18 Gefährliche Schlangen und tödliches Gift werden ihnen nicht schaden. Den Kranken werden sie die Hände auflegen und sie heilen."

19 Nachdem Jesus, der Herr, das gesagt hatte, wurde er in den Himmel aufgenommen und nahm den Platz an Gottes Seite ein.

20 Die Jünger aber zogen hinaus und verkündeten überall die Heilsbotschaft. Der Herr war mit ihnen und bestätigte ihr Wort durch Zeichen seiner Macht.